Kindertheater in Krefeld Rico, Oskar und die Tieferschatten im Kresch

Krefeld · Das erfolgreiche Kinderbuch von Andreas Steinhöfel kommt auf die Bühne in der Fabrik Heeder. Regisseur Sven Jenkel hat sich inszenatorische Kniffe einfallen lassen, um die Abstandsregeln für Schauspieler einzuhalten.

 Dorothea Booz als Oskar (l.) und Philipp Burkhard Winkler als Rico bei den Proben im Kreschtheater.

Dorothea Booz als Oskar (l.) und Philipp Burkhard Winkler als Rico bei den Proben im Kreschtheater.

Foto: Petra Diederichs

Rico denkt nicht weniger nach als andere Kinder. Er denkt nur etwas länger nach. Weil er „tiefbegabt“ ist, wie er es nennt, besucht er eine Förderschule. Dann trifft er Oskar. Auch der ist ein Außenseiter. Denn er ist hochbegabt. Es entwickelt sich eine wunderbare Freundschaft zwischen den beiden. Gemeinsam bringen sie sogar den gefürchteten Kidnapper Mister 2000 zur Strecke. Und nebenbei erreichen sie, dass die sehr eigenwilligen Bewohner eines Berliner Mietshauses zu einer eingeschworenen Solidargemeinschaft werden. Andreas Steinhöfel erzählt die Geschichte in seinem Bestseller „Rico, Oskar und die Tieferschatten“. Das Kreschtheater eröffnet damit seine Spielzeit: Am Sonntag, 20. September, ist Premiere in der Fabrik Heeder.

Die Geschichte passt zum Spielzeitmotto „Einfach mal anders“ – auch wegen Corona. „Wir sind gezwungen, anders zu denken und mit Situationen anders umzugehen“, sagt Kreschleiterin Isolde Wabra. Aber auch die Botschaft liegt ihr am Herzen: „Kinder sind unterschiedlich, aber erkennbare Unterschiede machen die Persönlichkeit aus. Wenn wir vermitteln können, wie wertvoll jedes Kind ist, so wie es ist, sind wir glücklich.“

Dramaturg Helmuth Wenderoth hält den Autor Steinhöfel für einen Glücksfall für die Literatur, weil er es schafft, ernst zu nehmende Erwachsenenfiguren ins Kinder- und Jugendtheater zu bringen. Wenn scheinbar uncoole Menschen coole Dinge tun und sagen und andererseits scheinbar coole Menschen uncoole Dinge tun und sagen – was viel besseres kann doch gar nicht passieren“.

 Ein kindgerechtes Kunstwerk ist das Plakat von Karl Uhlenbrock

Ein kindgerechtes Kunstwerk ist das Plakat von Karl Uhlenbrock

Foto: Petra Diederichs

Ein Stück über wichtige Annäherungen unter den Auflagen des Sicherheitsabstands umzusetzen, das ist die Aufgabe von Regisseur Sven Jenkel: „Ich habe das als Setzung begriffen – wie ein Bühnenbild. Da wir nicht improvisieren können, müssen wir Szenen erfinden, bei denen wie zufällig Abstände eingehalten werden, und eine künstlerische Übersetzung für emotionale Nähe  finden.“

Zum Glück sind Philipp Burkhard Winkler, der den Rico spielt, und Dorothea Booz (Oskar) im wirklichen Leben ein Paar und müssen deshalb auf der Bühne nicht immer streng anderthalb Meter Abstand von einander einhalten. Ein Blick in eine Verfolgungsszene bei den Proben zeigt, dass aber alle Akteure auch im Eifer des Gefechts die Regeln verinnerlicht haben.

Gemeinsam mit Isolde Wabra hat Jenkel ein recht spartanisches Bühnenbild konzipiert. Dem filmschnellen Tempo der einzelnen Szenen dienen viele unterschiedliche Türen. Hinter jeder lebt ein Mensch, steckt ein Schicksal, eine Geschichte, tut sich ein Innenraum auf – im wörtlichen und symbolischen Sinn. Es gibt eine einsame Alleinstehende, für die Liebesfilme im Fernsehen die Höhepunkte der Woche markieren, Herrn Fitzke, der mit ausgesprochen seltsamem Humor gesegnet ist, einen Security-Menschen, der optisch schwer Eindruck macht, und einige mehr. Stolz ist Isolde Wabra auf die neue Wendeltreppe, die elegant die obere Etage als Spielebene erschließt. Demnächst kommen neue Publikumsstühle, die nicht fest am Boden verschraubt sind. Die erleichtern den flexiblen Aufbau nach Corona-Regelen. „Es ist uns wichtig, dass die Leute angstfrei im Theater sind. Kinder sind flexibler, sie stellen sich schneller auf neue Situationen ein als Erwachsene“, betont Wabra.

Trotzdem ist der Besuch im freien Verkauf auf 60 Zuschauer begrenzt. Bei den Schulvorstellungen sind maximal zwei Klassen einer Schule zugelassen. Wabra: „Aber viele sind unsicher und buchen lieber nur für eine Klasse.“

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