Kawai-Konzert plus in Krefeld Die Wahrheit über Robert Schumann

Krefeld · Ein Kawai-Konzert mit launiger und kompetenter Plauderei gab neue Einblicke in Leben und Werk des Komponisten.

Wahrheit und Legende verschmelzen in Künstlerbiografien oft zu einer merkwürdigen Mischung. So hält sich bei Robert Schumann zäh das Gerücht, er habe sich selbst durch unsinniges Üben um eine Karriere als Konzertpianist gebracht. Mit einem „Fingertrainingsgerät“ habe er so übertrieben geübt, dass es zur Lähmung eines Fingers gekommen sei.

Beim Schumann-Abend in der Reihe „Kawai-Konzerte Plus“ war eine deutlich andere Darstellung zu hören. Im Helmut-Mönkemeyer-Saal der Musikschule stellte Lutz Görner klar, dass Schumann zu keiner Zeit an eine pianistische Solistenlaufbahn dachte. Die Übungen sollten eine Schwäche des Mittelfingers mildern, die als Nebenwirkung einer medizinischen Behandlung mit Arsenik entstanden war. Das war ihm, der damaligen medizinischen Praxis entsprechend, als Mittel gegen Syphilis verabreicht worden.

Görner, der versierte Rezitator, entfaltete vor vollen Stuhlreihen ein höchst lebendiges Bild von Schumanns Biografie. Fern von trockener Belehrung zeichnete er gleichermaßen informativ wie unterhaltsam die zentralen Aspekte eines „kurzen, schiefen und unerfreulichen Lebens“. Auf seine Zeitgenossen muss Schumann zurückhaltend, ja sogar langweilig gewirkt haben. Der redselige Richard Wagner beispielsweise mochte den Schweigsamen deswegen nicht. Die Abneigung beruhte auf Gegenseitigkeit. Wagner ging Schumann auf die Nerven: Der sei „ja ein geistreicher Mensch, aber er redet in einem fort“. Schumann interessierte sich nun einmal wesentlich mehr für Musik als für Konversation.

Gut verteilt waren die Anteile von Information und Musik. Es ist ein Ziel der Kawai-Reihe, jungen Künstlern Gelegenheit zum Auftreten zu bieten. Da war es gut, dass ein Duo verpflichtet werden konnte, dass vor kurzem Sieger der Internationalen Robert-Schumann-Song-Competition in Frankfurt am Main wurde: der englische Tenor Edward Leach und die Pianistin Nadia Singer. Beide gefielen als sensible Interpreten.

Schumann schätzte Heinrich Heine sehr und vertonte Gedichte von ihm. Leach trug überzeugend Beispiele aus dem „Buch der Lieder“ vor. Nadia Singer erwies sich als kompetente Interpretin sowohl der lyrischen wie der dramatischen Beiträge. Unter anderem spielte sie „Widmung“ (op. 25, Nr. 1), „O Sonnenschein“ (op. 36, Nr. 4) sowie Sätze aus dem „Carnaval“ (op. 9).

Mit seiner Bitte, der Konzentration und dem Zusammenhang zuliebe auf Zwischenapplaus zu verzichten, fand Görner zwar die volle Zustimmung seiner Zuhörer. Mitunter war die Begeisterung dann aber doch so groß, dass der gute Vorsatz in Vergessenheit geriet.

Bei einem Besuch bei den Schumanns spielte Johannes Brahms das Scherzo aus seiner Sonate Nr. 2 op. 2. Daran erinnerte Nadia Singer, indem sie es als erste Zugabe vortrug. Die zweite Zugabe stammte dann wieder von Schumann: „The Gondolier“ (Text von Thomas Moore – in irisch-englischer Originalfassung).

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