Lustbarkeitssteuerordnung von Korschenbroich Steuergeld aus Preisbügeln und Tingel-Tangel

Pesch · Es ist spannend zu lesen, was 1908 so alles in der Lustbarkeitssteuerordnung stand.

 Steuerbeamte kannten Liebhaben schon immer.

Steuerbeamte kannten Liebhaben schon immer.

Foto: Hans-Peter Reichartz

Wenn es heute auf den Kirmesplätzen um die aktuellsten, modernsten und vor allem rasantesten Fahrgeschäfte geht, so war dies in früheren Zeiten nicht anders. Das zeigt ein Blick in Chroniken, etwa in das Buch „Amt Korschenbroich“ von Hans-Georg Kirchhoff. Dieser hat in den Protokollbüchern des Gemeinderates von Pesch einen unerwartet fröhlichen Text gefunden. Es handelt sich um die 1908 erlassene „Lustbarkeitssteuerordnung“: Aus diesem Text kann man gut entnehmen, wie früher in einer ländlichen Gemeinde die Feste gefeiert wurden.

Die wichtigsten Festtage, die in der Steuerordnung auch besonders herausgestellt werden, waren natürlich die Früh- und die Spätkirmes sowie die Fastnachtstage. Bei diesen gut besuchten Volksfesten wurden die Tanzveranstaltungen niedriger besteuert als es sonst üblich war. Allerdings wurden Veranstaltungen am dritten Tag einer Kirmes immer höher besteuert als sonst.

Auf den einzelnen Festen zur Kirmeszeit gab es allerhand zu erleben. Besitzer von Karussells, die durch Menschenhand oder von Tieren gedreht wurden, sollten zehn Mark pro Tag an Steuern zahlen, die anderer Karussells, die wohl mit Hilfe von Motoren betrieben wurden, wurden mit 20 Mark zur Kasse gebeten.

Schaukeln, Schieß- und Wurfbuden, Glücksräder, Vorzeigen von Panoramas oder das Wachsfigurenkabinett, Ring- oder Ballwerfen: Dies alles taucht in der Steuerordnung als immer gern gesehene Einnahmequellen auf. Mit Steuern belegt wurden auch die einzelnen Wettbewerbe. Die gab es beim Preiskegeln sowie beim Schießen oder bei Billardspielen. Wettbewerbe gab es in Pesch aber auch in ganz anderen Kategorien: nämlich beim Preisbügeln oder sogar beim Preisrauchen.

Ebenso lässt man Vorstellungen von „Gymnastikern, Equilibristen, Ballett- und Seiltänzern, Taschenspielern, Zauberkünstlern, Bauchrednern und dergleichen sowie umherziehende Theatergesellschaften“ steuerlich nicht ungeschoren davonkommen. Außerdem wurden auch noch „Kunstreitervorstellungen, Konzerte, Karnevalssitzungen, Kostümfeste, Tingel-Tangel, Vorträge auf einem Klavier, einem mechanischen oder anderen Musikinstrumenten in Gastwirtschaften“ für die Gemeindekasse steuerlich fruchtbar gemacht.

Natürlich zählte die Lustbarkeitssteuer alle nur erdenklichen Belustigungen auf. In der Wirklichkeit wird es aber sehr viel weniger abwechslungsreich zugegangen sein. Immerhin aber wurden allein im Jahr 1894 in der Bürgermeisterei Korschenbroich nicht weniger als 72 öffentliche Tanzbelustigungen, elf Konzerte, sieben Theatervorstellungen und zwei Preiskegel-Termine gezählt.

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