Kölle Alaaf! Köln feiert Wieverfastelovend - zahlreiche Rettungseinsätze

Köln · Startschuss um 11.11 Uhr: In Köln ist der Straßenkarneval eröffnet. Tausende sind zum Feiern in die Altstadt gekommen. 1000 Polizisten sind im Einsatz. Ein tödlicher Unfall am Bahnhof Ehrenfeld überschattet den Abend.

Altweiber beim Karneval 2022: Köln feiert Weiberfastnacht
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Köln feiert Weiberfastnacht 2022

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Foto: dpa/Thomas Banneyer

In Köln hatten sich schon am frühen Vormittag viele tausend Jecke in der Altstadt versammelt. Um 12 Uhr war der Alter Markt so voll, dass die Polizei keine weiteren Menschen in den Bereich der Bühne ließ. Auch auf dem Zülpicher Platz im Kwartier Latäng und am Heumarkt drängten die Feiernden sich. Am frühen Nachmittag wurden auch die Zugänge zur Zülpcher Straße gesperrt, nach Angaben einer Polizeisprecherin war die Stimmung in Köln weitgehend friedlich.

Am frühen Abend wurde der Einsatz von einem tödlichen Unfall am Bahnhof Ehrenfeld überschattet. Gegen 19 Uhr alarmierten Karnevalisten Rettungskräfte und Polizei. Eine 29-jährige Frau war auf die Gleise gestürzt, von einem Zug erfasst und tödlich verletzt worden. Der Einsatz und die Ermittlungen zu der Unfallursache dauerten am späten Abend noch an. Einige unter Schock stehende Augenzeugen wurden durch den Rettungsdienst betreut.

Bis 21.30 Uhr meldeten die Beamten nach Angaben der Polizei insgesamt 85 Strafanzeigen, davon 40 Körperverletzungsdelikte sowie 16 Anzeigen wegen gefährlicher Körperverletzung. In acht Fällen nahmen die Einsatzkräfte Strafanzeigen wegen sexueller Belästigung auf und nahmen sechs der Tatverdächtigen in Gewahrsam. Zudem nahmen die Polizisten bislang sechs Tatverdächtige wegen Taschendiebstahl, Widerstand und gefährlicher Körperverletzung vorläufig fest.

Außerdem mussten 45 weitere Personen zur Ausnüchterung, zur Verhinderung von Straftaten oder zur Durchsetzung von Platzverweisen in den Polizeigewahrsam gebracht werden.

Für die Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdiensten wurde es bereits am Nachmittag hektisch: Bis 15 Uhr gab es mehr als 250 Einsätze im Stadtgebiet. In den meisten Fällen handele es sich aber um kleinere Verletzungen, wie ein Sprecher sagte. Oder um Betrunkene, die ins Krankenhaus gebracht werden mussten.

Am Abend sollte es stürmisch werden in Köln: Der Deutsche Wetterdienst erwartet Böen bis zu 85 km/h. Das entspricht Windstärke 8 bis 9. Die Feuerwehr bittet alle Feiernden, vorsichtig zu sein - vor allem an Bahnsteigen und Gleisanlagen der Kölner Verkehrsbetriebe.

Karneval mit stillen Momenten

Der Kölner Karneval unter dem Sessions-Motto „Et Hätz schleiht em Veedel“ wird überschattet von der Gewalttat in Hanau. Karnevalspräsident Christoph Kuckelkorn sagte: „Im Leben und vor allen Dingen im Karneval sind die Momente der überschäumenden Freude und des Feierns und die der Trauer und die stillen Momente immer nah beieinander. Heute, in den Stunden, überwiegt bei uns allen, glaube ich, die Fassungslosigkeit.“ Bevor die Kölner Karnevalisten die tollen Tage offiziell eröffneten, gedachten sie der Opfer von Hanau mit einem Schweigemoment.Oberbürgermeisterin Henriette Reker, die 2015 selbst von einem fremdenfeindlichen Attentäter lebensgefährlich verletzt worden war, sagte: „Dass solche schrecklichen Vorfälle sich häufen, ist ein Zeichen dafür, dass sich unsere Gesellschaft verändert. Und das dürfen wir auf keinen Fall zulassen.“ Der Kölner Karnevalsprinz Christian II. sagte: „Sicher haben wir ein Lächeln heute auf dem Gesicht. Aber im Herzen sind wir wirklich bei den Menschen von Hanau, auch bei den Hinterbliebenen, an die wir ganz, ganz sicher denken.“

Auch ganz normale Feiernde zeigten sich betroffen, machten aber gleichzeitig deutlich, dass sie sich den Karneval nicht kaputtmachen lassen wollten. „Was da passiert ist, ist ganz schlimm“, sagte der extra aus Bayern nach Köln angereiste Florian Huber. „Wir wollen heute trotzdem Spaß haben. Es ist nicht so, dass man jetzt Angst hat.“ Der Kölner Rudolf Bong sagte: „Dass man Angst hat, das ist doch genau das, was Leute wie der Täter wollen. Die wollen unseren freien Lebensstil angreifen.“

Ein anderes aktuelles Thema war der Coronavirus. Nach Angaben des Festkomitees Kölner Karneval hat die Krankheit bisher keine Auswirkungen auf das närrische Treiben. Natürlich kämen sich die Menschen im Karneval näher als sonst, zum Beispiel beim Schunkeln. Ein paar einfache Hygieneregeln, die sowieso immer gelten sollten, sorgten aber schon für unbeschwertes Feiern. Reker sagte: „Ich scheue das Bützen nicht. In meiner Jugend wurde auf den Mund gebützt. Das gibt es schon lange nicht mehr.“ Sie persönlich habe Karneval in ihrem Leben nur ein einziges Mal ausgelassen: mit 14 Jahren wegen einer schweren Grippe.

Das Wetter in Köln ist bedeckt, aber trocken und mild. Vor dem Hauptbahnhof zeigt die Polizei starke Präsenz - sie ist an Weiberfastnacht mit 1000 Beamten auf der Straße. „Alle Leute, die in Köln friedlich feiern wollen, sind willkommen - alle anderen werden schnell mit uns in Kontakt kommen“, hatte die Polizei vor Weiberfastnacht mitgeteilt.

(hsr/dpa)
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