Weihbischof Rolf Lohmann „Das ist eine Ohrfeige für reformwillige Katholiken“

Interview | Niederrhein · Der Regionalbischof Rolf Lohmann zeigt sich erschrocken und verwundert über das Schreiben aus Rom zum Synodalen Weg. Es sei ein Beispiel dafür, was nicht richtig läuft in der Kirche.

 Weihbischof Rolf Lohmann äußert sich deutlich.

Weihbischof Rolf Lohmann äußert sich deutlich.

Foto: Pohl/Achim Pohl

Ein Schreiben aus Rom zum „Synodalen Weg“ sorgt für Aufregung bei den deutschen Katholiken.  Weihbischof Rolf Lohmann, Regionalbischof für den Niederrhein und Recklinghausen, kann die Sorgen der Gläubigen nachvollziehen, wie er im Gespräch mit unserer Redaktion erklärt.

Herr Weihbischof, Sie werden nicht müde, für den Synodalen Weg zu werben. Jetzt heißt es in einem Schreiben aus Rom: „Der ,Synodale Weg‘ in Deutschland ist nicht befugt, die Bischöfe und die Gläubigen zur Annahme neuer Formen der Leitung und neuer Ausrichtungen der Lehre und der Moral zu verpflichten.“ Passt das zu dem, was Sie sagen?

Rolf Lohmann Ich muss ehrlich sagen, dass ich gleichermaßen erschrocken und verwundert war über dieses Schreiben aus Rom. In meinen Augen ist das eine Ohrfeige für reformwillige Katholikinnen und Katholiken, die sich gemeinsam auf den Weg gemacht haben, um die Kirche aus dem Sumpf zu ziehen, der dem schrecklichen Missbrauch den Boden bereitet hat. Sie haben recht, ich habe immer, bei allen meinen Besuchen in den Pfarreien, für den Synodalen Weg geworben, weil ich finde, dass die Gespräche dort Mut machen können und ein Signal setzen, dass wir eben nicht mehr in alten, verkrusteten Strukturen agieren. Und das werde ich auch weiterhin machen, der Synodale Weg muss weitergehen, auch mit Gegenwind.

Was bedeutet das Schreiben genau? Ist der synodale Weg damit nicht eigentlich am Ende?

Rolf Lohmann Wenn man das Schreiben und den von Ihnen zitierten Eingangssatz liest, könnte man das meinen. Aber, und darauf haben auch schon die Präsidentin des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken, Irme Stetter-Karp, und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, in einer gemeinsamen Stellungnahme hingewiesen: Wir gehen hier keinen „deutschen Sonderweg“ und werden sicherlich keine Beschlüsse fassen, die einer gesamtkirchlichen Regelung derzeit entgegenstehen. Trotzdem sagen wir, was aus unserer Sicht nicht gut ist und wo wir dringenden Reformbedarf sehen, wenn unsere Kirche zukunftsfähig sein soll. Und das werden wir auch so nach Rom weitergeben.

Hatten Sie mit dem Schreiben aus Rom gerechnet?

Lohmann Nein, und die Art, wie der Heilige Stuhl mit der Kirche in Deutschland kommuniziert, ist für mich unverständlich. Das geht schon damit los, dass das Schreiben nicht namentlich unterzeichnet ist und die Verfasser so im Dunkeln bleiben. Das hat nichts mit offener, transparenter Kommunikation auf Augenhöhe zu tun, sondern ist ein Beispiel dafür, was eben nicht richtig läuft bei uns in der Kirche.

Was sagen Sie nun den Menschen, die ein weiteres Mal enttäuscht sind?

Lohmann Ich kann die Sorgen nachvollziehen und sie treiben auch mich um. Lassen Sie mich eins nochmal betonen: Der synodale Weg ist eine Konsequenz aus den schrecklichen Missbrauchstaten, die insbesondere die MHG-Studie ans Licht gebracht hat. Und wir sehen mit jedem neuen Gutachten, jüngst in unserem eigenen Bistum, um welche schockierenden Zahlen es geht, dass es keine Einzelfälle waren. Das müssen wir gemeinsam aufarbeiten, und der Synodale Weg ist in meinen Augen eine gute Form, alte Strukturen endgültig aufzubrechen und neuem Missbrauch den Boden zu entziehen. Schon dafür lohnt es, bei allem Gegenwind, weiterzumachen.

Ist denn die Kirche als Institution überhaupt noch zu retten?

Lohmann Es geht hier nicht um die Institution Kirche – es geht um die Menschen, die sich von der frohen Botschaft, die wir als Christen zu verkünden haben, noch immer begeistern lassen. Wir sind in der Kirche leider gut darin, um uns und unsere Probleme zu kreisen. Dabei müssten wir doch auf das hören, was Gott uns aufgetragen hat und was die Menschen uns zu sagen haben. Und ihnen können wir dann, wenn sie es möchten und uns wieder als glaubhaft wahrnehmen, von unserer Botschaft berichten. Das ist mein Wunsch, meine Hoffnung und mein Antrieb, weiter den Synodalen Weg zu gehen.

(lukra)
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