Bücher im Projektraum In bunten Büchern blättern

Am Sonntag eröffnet eine neue Ausstellung im projektraum-bahnhof 25. Der Niederländer Patrick Mangnus hat die spannende Ausstellung zum Anfassen für den Klever Kunstverein eingerichtet. Zur Eröffnung spricht Ron Manheim.

 Patrick Mangnus vor der Blätterwand im Projektraum. Auch aus diesen Blättern sollte eigentlich ein Buch entstehen.

Patrick Mangnus vor der Blätterwand im Projektraum. Auch aus diesen Blättern sollte eigentlich ein Buch entstehen.

Foto: Matthias Grass

Klar, man darf sie anfassen. Bitteschön. Und vielleicht sollte man die baumwollenen Handschuhe, die da ein bisschen versteckt neben dem großen Buch auf dem langen Tapeziertisch liegen, benutzen. Kann man, muss man aber nicht, signalisiert Patrick Mangnus. Bitteschön, zugreifen und blättern, ermuntert der Kurator aus Zutphen in den Niederlanden, der an der Hochschule Zwolle Dozent ist. Er hat die Ausstellung mit den farben- und figurenfreudigen Kunstbüchern im projektraum-bahnhof25 an der Klever Bahnhofstraße eingerichtet.

Denn Mangnus will Kunst-Bücher nicht unter Glas verschließen, er will sie zum Anfassen, zum Begreifen im Sinne des Wortes haben. Er möchte, dass die Besucher der Ausstellung das machen, wozu ein Buch da ist: darin blättern, sich – im Fall der Kunstbücher „nur“ ein Stückchen – einlesen. Die Besucher sollen sich überraschen lassen, sie sollen die oft schweren Blätter fühlen und umblättern.

Die Bücher, an denen Patrick Mangnus auch mitgearbeitet hat, sind voller bildnerischer Erzählfreude. Es sind Blätter, die teils aus Collagen, teils aus Übermalungen bestehen, die schwer umklappen, um dann auf der nächsten Seite wieder eine ganz neue Welt zu präsentieren. Bunt, schreiend oder auch tief in die Historie gehend. Eine Entdeckungsreise eben. So liest man dort von einem Mörder deutscher Herkunft. Schaut man genau hin, findet man August von Kotzebue zwischen den Bildern. Der Autor der deutschen Kleinstädter fiel 1819 einem politischen Mord zum Opfer. Carl Ludwig Sand, Student und Burschenschaftler (damals waren diese revolutionär und liberal), erstach Kotzebue, weil er in dem Autor einen Verräter des Vaterlandes sah, der für die verhasste Fürstenherrschaft stand. Fürst Metternich nutzte dieses Attentat, um gegen die revolutionären und freiheitlich denkenden Kräfte im Deutschen Bund vorzugehen. Da weht ein Stück Vormärz aus dem Buch heraus, jene Zeit zwischen 1815 und der März-Revolution 1848. Sand wurde hingerichtet, Dumas und Puschkin setzten ihm literarische Andenken, jüngst auch Karen Duve.

Aber das ist nur eine Geschichte von ganz vielen, die dort erzählt werden. Welche mit Worten, andere mit Bildern, wieder andere nur mit Farben und Formen. Oft witzig und wie ein Comic. 50 dieser Kunst-Bücher hat Mangnus versammelt, dicke Folianten, griffige Büchlein, ganz dicke Seitensammlungen und ganz viele Blätter an der Wand. „Das sollte eigentlich auch ein Buch werden“, sagt Mangnus. Die Blätter-Installation verdeutlicht auch das Prinzip, wie die Kunstbücher entstehen. Der Künstler Henny Overbeek, der seine Wurzeln in der Street-Art hat, hatte die Idee zur Interaktion. Zunächst einmal zur Interaktion zwischem ihm und anderen Künstlern. Er malte Blätter, schickte sie einem anderen Küsntler, der darauf reagierte und ihm seine Blätter wieder zurückschickte. „Daraus wurden dann diese Bücher gemacht“, sagt Mangnus. Der 45-Jährige arbeitet seit zwölf Jahren Blätter mit Overbeek. Und richtet die Ausstellungen ein, wie im projektraum in allen vier Sälen, auch als Projektion auf der Wand. Bei den Ausstellungen geht dann die Interaktion weiter: Denn das, was aus diesen Austausch zusammen kam, interagiert mit dem Besucher: Der kann anfassen, blättern, Geschichten und Bilder finden oder auch erfinden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort