Kleve Porzellan-Kartoffel: Von Erde zu Erde

Kleve · Kartoffeln aus Uedem sind Vorbild für ein großes Kunstprojekt der in Kleve geborenen Künstlerin Barbara Schroeder

 Kartoffelblüte.

Kartoffelblüte.

Foto: Schroeder/Joubard

Samtweich schmeicheln sie die Handfläche, leicht aber hart liegt das roh gebrannte Porzellan in der Hand. Die Figur ist schneeweiß, schimmert matt und ist knorrig wie eine geschälte Kartoffel. Es ist eine Kartoffel — aus kostbarem Porzellan aus der Erde um Limoges gebrannt.

580 dieser Porzellan-Kartoffeln hat die aus Kleve stammende Künstlerin Barbara Schroeder aus dem "Meissen" Frankreichs herstellen lassen. Dazu sechs stark vergrößerte, 60 Zentimeter große Erdäpfel, deren Formen allein 150 Kilogramm wogen.

Kleve: Porzellan-Kartoffel: Von Erde zu Erde
Foto: Nicolas Joubard

In diese Formen hinein wird das Porzellan gegossen, es trocknet und muss aus der Form geholt werden, bevor es gebrannt wird. "Ich wollte noch größere Kartoffeln machen — aber das geht nicht mit Porzellan", sagt Schroeder: Als die Form entfernt wurde, brachen die Riesen-Kartoffeln entzwei.

Die großen und vor allem die kleinen Kartoffeln sind Teil eines Kunstprojektes von Barbara Schroeder. "Von Erde zu Erde" titelt das Projekt, das sich mit der Kartoffel auseinandersetzt. Die Installation mit den kleinen Kartoffeln und die Skulpturen der großen Kartoffeln flankieren eine Gemäldeserie der im Klever Raum vor allem als Malerin bekannten Schroeder. Das Projekt wird in Frankreich an verschiedenen Orten gezeigt, zur Zeit im Chateau Palmer Margaux in der Nähe von Bordeaux, im September auf der dortigen Kunstbiennale.

Es sind Kartoffeln aus Uedem, die hier Karriere als Kunst machen. Bevor das Projekt startete, machte sich die Kleverin kundig: Beim Bauernmarkt Lindchen in Uedem ging's einen Tag aufs Feld. Inspiration sammeln, selbst Kartoffeln mit der Forke aus der Erde holen, die Knolle fühlen, erfahren. Auf diversen Hektar baut dort Familie Hesseling Kartoffeln an, die in Reihen bis zum Horizont stehen. Schroeder war fasziniert von der Schönheit der weißen Blüten, vom hellgrünen Strauchwerk. Alles auf groß- und mittelformatigen Bilder gemalt. Schroeder: "Ich habe hier die Kartoffel bis zur Geburt, wenn sie aus der Erde geholt wird, begleitet".

Im Chateau Palmer platziert die Kleverin die Kartoffeln in den Weinkeller zwischen die Fässer des Margaux: Auf schwarzem Quarzsand leuchten die weißen Porzellan-Skulpturen noch mal so hell, an anderer Stelle wurden sie in ein Material wie dunkler Torf gebettet. Sie bilden eine hellleuchtende Spirale. "Das ist das Zeichen der Natur, aus der die Frucht kommt", sagt Schroeder. Schließlich sei die Kartoffel ein Produkt der Erde. Einen ganzen Satz der Porzellan-Kartoffel hat sie im Kofferraum ihres Autos. "Wenn ich einen spannenden Ort sehe, baue ich sie auf", sagt die Kleverein. Dann umspülen die Wellen des Atlantiks die weiße Kartoffel-Linie, kringeln sie sich symbolträchtig auf dem Beton eines alten Westwallbunkers oder werden zum Kartoffelberg gehäuft. Festgehalten allein im Foto.

Anders die Auseinandersetzung auf der Leinwand: In teils frischen Farben, wie der erhaben sich öffnenden Blüte vor frisch-freudigem Hintergrund, bis hin zu dunkel erdigen Tönen dekliniert sie die Form der Kartoffel und des Strauchs bis zu abstrakten Figurationen durch. Dann erinnern flattrige Bänder an das Strauchwerk und Linien an die Keimlinge, die aus der lagernden Kartoffel schießen. "Alle Bilder haben Titel mit Namen von Kartoffelsorten: der Blaue Kuss, die schöne Schwarze, Ostbote . . .", sagt sie.

Seit mehreren Jahren beschäftigt sich Schroeder mit den großen Themen Fluss, Erde und Vegetation. Der Fluss Rhein in ihrer alten Heimat Kleve und die Gironde in der neuen Heimat Bordeaux sind Inspirationsquelle mit den Schiffen, der steten Bewegung, dem Wasser. Die Weite der Landschaften in Skandinavien und Südamerika werden im großen Format auf ihren Leinwänden umgesetzt und immer wieder die Früchte der Erde: Vom Wein in ganz frühen Arbeiten bis jetzt zur Kartoffel, die wieder im Weingut gezeigt wird.

(RP)
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