Im Alter von 85 Jahren: Filmemacher Michael Verhoeven gestorben
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Literatur und mehr in Kamp-Lintfort LesArt serviert in der Villa Vigna Literatur und Kulinarisches

Kamp-Lintfort · 90 Gäste lauschten den Geschichten über Begegnungen, Abschiedsschmerz und Zugfahrten beim Drei-Gänge-Menü in der Villa Vigna. Es las Roman Mucha.

 Schlosstheater-Schauspieler Roman Mucha nahm die Zuhörer mit auf eine Zugreise durch die Literaturgeschichte.

Schlosstheater-Schauspieler Roman Mucha nahm die Zuhörer mit auf eine Zugreise durch die Literaturgeschichte.

Foto: Arnulf Stoffel/Arnulf Stoffel (ast)

Eine alte Lok pfeift. Zumindest klingt es so, und damit ist Roman Muchas Plan aufgegangen: Er hat die Aufmerksamkeit aller 90 Gäste in der Villa Vigna. „Hört ihr den Pfiff, den wilden grellen?“, liest der Schauspieler vor, der am Moerser Schlosstheater engagiert ist. Seine Stimme ist klar und ihr blecherner Klang durch das Mikrofon mag manchen Pendler an eine Durchsage im Zug erinnern. Das Gedicht „Im Eisenbahnhofe“ stammt aus einer Zeit (1852), in der die Eisenbahnen tatsächlich noch gepfiffen haben. Es kritisiert die Eigenart des Menschen, in seiner Reiselust immer höher und weiter hinaus zu wollen. Und auch wenn der Mensch irgendwann fliegen könne, käme doch sowieso niemand weiter „als bis zur Gruft“.

Mucha versteht es, die Lyrik so vorzutragen, dass sie im Gedächtnis bleibt. Doch gegen die Unruhe, die aufkommt, als die Kellner nach Getränkewünschen fragen, kann er nichts tun. „Schade, ich habe leider nur die ersten Sätze mitbekommen“, sagt Jutta Redmer (68) später zu ihren Freundinnen Brigitte Kerkhoff (68) und Christine Neervort (65) und schneidet das Carpaccio auf ihrem Antipasti-Teller klein. Die Drei sind der jährlichen Einladung ihrer Freundin Ulla Schümann vom Verein LesArt gefolgt, die das literarische Menü unter dem Motto „Ganz schön zügig“ am Freitagabend zum zehnten Mal organisiert hat. Manchmal lädt sie dafür Schauspieler ein. „Zum Beispiel Katja Stockhausen. Die wurde damals von Tim Isfort auf dem Kontrabaß begleitet, das war super“, sagt Kerkhoff. „Herr Mucha hat auch eine sehr schöne Lesestimme.“

Als Schümann an ihren Tisch tritt, erzählt Kerkhoff von ihrem Plan: „Ich bin jetzt seit sechs Jahren Rentnerin. Es wird Zeit, dass ich mich für LesArt auch mal an Schulen und in Kindertagesstätten engagiere.“ Ihre Freundin nickt lächelnd. „Unser Verein möchte Kinder zum Lesen animieren. Dafür erarbeiten wir mit ihnen spielerisch Geschichten“, erklärt sie den anderen am Tisch. LesArt sei auf Spenden angewiesen, die meistens bei Großveranstaltungen wie diesem literarischen Menü fließen. Viel Zeit zum Plaudern hat Schümann nicht. Sie trifft Absprachen mit den Kellnern, geht von Tisch zu Tisch, um mit den Gästen über ihre Eindrücke zu sprechen. Mit Schauspieler Mucha ist Schümann sehr zufrieden. „Ein toller junger Mann“, sagt sie immer wieder. Und auch Mucha hat sichtlich Spaß. Er grinst, unterhält sich mit seinen Sitznachbarn, genießt das Essen. „Ich habe schon in der Schule gerne vorgelesen“, sagt der 25-Jährige. Für das Motto der Lesung hat er ein Faible: „Ich fahre total gerne mit dem Zug. Das fühlt sich immer an, als würde ich aus der Zeit aussteigen. Man kommt voran, ohne etwas dafür zu tun.“ Zu diesem Gefühl passt auch die nächste Geschichte, „Begegnung“ von Richard Bletschacher. Darin bleibt ein Mann am Ende enttäuscht zurück, weil er die Zeit bis zur nächsten Station nicht genutzt hat, um eine Frau anzusprechen. Nun ist sie ausgestiegen und er rollt weiter seinen „Geschäften entgegen“.

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