Ausstellung im Gewölbekeller Kamp Die sieben Todsünden in schonungslosen Bildern

Kamp-Lintfort · Es geht ans Eingemachte: Im Jubiläumsjahr präsentiert das Zentrum Kloster Kamp den Zyklus „Die sieben Todsünden“ von Andreas Noßmann im Gewölbekeller – eine bildgewaltige Auseinandersetzung mit der Neuzeit. Wann die Ausstellung eröffnet wird.

 Vier Jahre hat Andreas Noßmann an dem Zyklus „Die 7 Todsünden“ gearbeitet. Ab Samstag ist er im Gewölbekeller des Klosters Kamp zu sehen.

Vier Jahre hat Andreas Noßmann an dem Zyklus „Die 7 Todsünden“ gearbeitet. Ab Samstag ist er im Gewölbekeller des Klosters Kamp zu sehen.

Foto: Norbert Prümen

Seine Zeichnungen erzählen von monströsen Schlachten, ungezügelten Gelagen, ungehemmten Begegnungen in einer völlig entfesselten Gesellschaft: Neid, Habgier, Hochmut, Wollust, Zorn, Völlerei und Trägheit legt Andreas Noßmann in seinen Bildern schonungslos offen. Sie sind provokant, zuweilen erschütternd brutal und niemals nur mit dem flüchtigen Blick als Ganzes zu erfassen. Mit seinem Bilderzyklus über die sieben Todsünden, den er ab Samstag, 1. April, im Gewölbekeller von Kloster Kamp zeigt, geht es im Jubiläumsjahr von Kloster Kamp, gegründet 1123, nun ans Eingemachte, künstlerisch und theologisch. Es geht um die biblischen Laster, die sieben Grundsünden der Menschheit.

Ein Thema, sagt Peter Hahnen, Geschäftsführer des Geistlichen und Kulturellen Zentrums, mit dem sich auch die Zisterzienser vor 900 Jahren auseinandergesetzt hätten. Nicht ohne Grund zeige das Wappen von Kloster Kamp einen Erdkreis, der von einem Zwinggürtel umfasst sei. „Der Gürtel stand für all das, was die Menschen klein macht. Und genau dies wollten die Mönche überwinden, auf ihrer Suche nach der wahren Freiheit“, erläutert Peter Hahnen und freut sich, Noßmanns Zyklus als einen Kontrapunkt zur heiteren und verspielten Ausstellung „Konvent der Bosse“ gegenüber im Museum setzen zu können. Und zwar in der seltenen Gelegenheit, alle Arbeiten des Zyklus‘ zeigen zu können. Ein Großteil der Werke ist bereits verkauft. „Deshalb sind nur einige Originale zu sehen sowie Bilder in Fine Art Print“, erläutert der Leiter des Geistlichen und Kulturellen Zentrums Kloster Kamp.

Doch aufgepasst: Wenngleich die Zeichnungen von Andreas Noßmann in der Manier der mittelalterlichen Meister daherkommen, an Hieronymus Bosch erinnern, in ihrer Farbgebung und vor Symbolik mit Affen, Schlangen, teuflischen Gestalten, Dämonen und abnormen Fratzen strotzend – so sind sie doch mehr als heutig. Sie lassen sich wie ein Lesebuch der Zeitgeschichte interpretieren. Unter den lateinischen Namen der Todsünden finden sich viele moderne Anleihen, die die Neuzeit entlarven. Unter dem gekreuzigten Jesus entdeckt man SA-Männer mit der Pistole im Anschlag. Auf einer anderen Zeichnung findet der Betrachter eine der symbolträchtigsten Aufnahmen des Vietnamkrieges: das Bild der neunjährigen Kim Phuc. Heinrich Mann fand ebenso Aufnahme in den Zykuls wie zum Beispiel Uli Hoeneß.

Der Künstler aus Brühl greift Parabeln wie Filmzitate auf: King Kong, der nach einem Flugzeug am Himmel greift, ist schnell entdeckt. „Der eine Ring“ weckt Erinnerungen an das Film-Epos „Herr der Ringe“. Noßmann beschreibt hier die Habgier eines Königs, der schon auf einem Haufen Gold sitzt und doch nach dem einen Ring greift, der ihm nicht gehört. Immer wieder tauchen Szenen aus den Weltkriegen auf, auch Anleihen aus der Französischen Revolution finden sich. Und Albrecht Dürers Hase hoppelt durch etliche Arbeiten des Künstlers.

Alle Zeichnungen, mit Bleistift gezeichnet, koloriert und aquarelliert, sind aufwendig ausgestattet. „Es ist keine leichte Kost. Der Zyklus reflektiert geistliche Vorstellung vor dem Hintergrund unserer Gesellschaft. Die Zeichnungen sind so detailliert, dass man sich darin verlieren kann“, findet Peter Hahnen und weiß, dass die neue Ausstellung in all ihrem Detailreichtum auch provoziert und unterschiedliche Reaktionen bewirkt.

Noßmann sagt, dass er sich in seiner Kunst immer schon mit Begrifflichkeiten auseinandergesetzt habe. Die Todsünden seien für ihn naheliegend gewesen: „Es sind sieben Begriffe, die ich interpretiere.“ Eigentlich sollten es sieben mal sieben Zeichnungen werden. „Doch das habe ich nicht geschafft.“ Vier Jahre hat der Zyklus ihn beschäftigt. Er entstand zwischen 2008 und 2012. Der Künstler stellt übrigens nicht zum ersten Mal auf dem Kamper Berg aus. 2017 präsentierte er eine Porträtreihe unter dem Titel „Menschen(s)kinder“ in einer Ausstellung im Museum Kloster Kamp.

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