Kaarst Städte gemeinsam gegen Kartell

Kaarst · Wegen illegaler Absprachen wurden Millionen-Bußgelder gegen Hersteller von Feuerwehrlöschfahrzeugen verhängt. Kaarst hat bei den Kartellmitgliedern eingekauft. Die betroffenen Kommunen tauschen sich jetzt aus.

 Weil die Freiwillige Feuerwehr mit der kompletten Ausrüstung schnell vor Ort sein muss, ist das neue Löschfahrzeug technisch bestens ausgestattet.

Weil die Freiwillige Feuerwehr mit der kompletten Ausrüstung schnell vor Ort sein muss, ist das neue Löschfahrzeug technisch bestens ausgestattet.

Foto: lber

Gemeinsam decken sie mehr als 90 Prozent des Marktes für Feuerwehrlöschfahrzeuge ab: die Albert Ziegler GmbH & Co. KG, die Schlingmann GmbH & Co. KG, die Rosenbauer Gruppe und ein viertes Unternehmen, dessen Namen an dieser Stelle aus rechtlichen Gründen nicht genannt werden soll. Mit anderen Worten heißt das: Wer dringend ein neues Feuerwehrlöschfahrzeug braucht, kommt an den oben genannten momentan nur sehr schwer vorbei. Und das genau ist ein großes Problem – für viele Kommunen im Allgemeinen und die Stadt Kaarst im Speziellen, denn sie hat mit "Ziegler und Co." Geschäfte gemacht. Jetzt ist die Frage, welche rechtlichen, praktischen und finanziellen Folgen das hat. Der Städte- und Gemeindebund empfiehlt, eventuelle Schadenersatzansprüche zu koordinieren und gegebenenfalls gemeinschaftlich durchzusetzen. Auch Bürgermeister Franz-Josef Moormann hält das für sinnvoll.

Zur Erklärung: Wegen illegaler Preis- und Quotenabsprachen hat das Bundeskartellamt am 10. Februar Bußgeldbescheide in Höhe von insgesamt 20,5 Millionen Euro gegen die drei Erstgenannten und einen Schweizer Wirtschaftsprüfer verhängt (die NGZ berichtete). Das Verfahren gegen das vierte Unternehmen läuft. Offenbar war das Kartell in zwei Ebenen aufgeteilt. Die Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzenden trafen sich regelmäßig am Züricher Flughafen. Von 2001 bis Mitte 2009 konnten insgesamt 19 solcher Treffen nachgewiesen werden. Die Vertriebsleiter teilten zusätzlich die kommunalen Ausschreibungen untereinander auf. Und – auch gegen Hersteller von Feuerwehrfahrzeugen mit Drehleitern wird kartellrechtlich ermittelt. Kaarst jedenfalls hat zwischen 2001 und Mitte 2009 drei kleinere Wagen und ein Drehleiterfahrzeug erstanden. Das ist Fakt.

Am 27. November 2009 – also außerhalb des bislang relevanten Zeitraums – wurde bei Ziegler außerdem ein erstes 480 000 Euro teueres , laut Feuerwehrchef Herbert Palmen speziell auf die Bedürfnisse der Kaarster Feuerwehr und aktuellen Einsatzstandards zugeschnittenes Löschfahrzeug bestellt, das bereits auf der Kaarster Wache eingesetzt wird. Der Bau eines zweiten, baugleichen Modells für die Büttgener Wache wurde am 13. Dezember 2010 in Auftrag gegeben. Lieferzeit: zehn Monate. Auf beide europaweiten Ausschreibungen, sagen die für die Feuerwehr zuständige Fachbereichsleiterin Brigitte Kaulen und der Bürgermeister, habe es jeweils nur ein verwertbares Angebot gegeben – von Ziegler. "Das ist uns schon aufgefallen", sagt Moormann. "Konkrete Anhaltspunkte, die auf eine Unregelmäßigkeit hingewiesen hätten, hatte die Verwaltung im gesamten Verfahren aber nicht", sagt Kaulen. "Wir haben uns nichts vorzuwerfen."

Wie hoch nun die Schadensersatzansprüche aus den zwischen 2001 und Mitte 2009 geschlossenen Verträge sind, ob es entsprechende Ansprüche womöglich auch für die beiden späteren Käufe gibt, ob die Stadt aus dem zuletzt geschlossenen Vertrag vielleicht sogar herauskommt oder nachverhandelt werden kann, wird jetzt zunächst verwaltungsintern geprüft.

(NGZ)
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