Jüchen Die Briefe eines Märtyrers

Jüchen · Über den früheren Pfarrer Otzenraths, Hubert Berger, ist ein neues Buch erschienen. Autor Hatto Eiling hat 64 Briefe des Pfarrers aus dessen Zeit im Konzentrationslager Dachau ausgewertet. Sie schildern, wie Bergers Schwester die Mutter von Joseph Goebbels vergeblich um Hilfe bat.

Eine Predigt über Kriegsschäden in Aachen wurde Otzenraths früherem Pfarrer Hubert Berger zum Verhängnis. Die Nazis warfen ihm "Feindbegünstigung" vor. Berger überlebte über drei Jahre im Konzentrationslager Dachau, wohin ihn die Nationalsozialisten deportiert hatten. Ein Versuch, über Goebbels damals in Rheydt lebende Mutter den Pfarrer vorzeitig frei zu bekommen, schlug fehl. Von der Deutschen Bischofskonferenz wurde er später als Märtyrer anerkannt. Im neu erschienenen zehnten Band der Buchreihe "Geschichte der Gemeinde Jüchen" ist das Leben des 1948 gestorbenen Pfarrers dokumentiert. Autor Dr. Hatto Eiling, ein entfernter Verwandter Hubert Bergers, stellte die Biographie jetzt in der Kapelle in Otzenrath vor.

Die Nichte war unter den Gästen

Unter den Gästen in der Kapelle waren auch der Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, Prälat Dr. Helmut Moll, Bergers Nichte Marlies Schückhaus sowie Regionaldekan Ulrich Clancett und Jüchens Bürgermeister Harald Zillikens.

Hubert Berger wurde am 4. Oktober 1889 in Furth geboren. Nach dem Abitur in Wipperfürth 1910, wählte er, wie zehn seiner 18 Mitabiturienten, den Priesterberuf. 1915 wurde er in Köln zum Priester geweiht. Über die Stationen Rheydt, Olpe und Aachen führte ihn sein Weg schließlich nach Otzenrath, wo er im August 1931 zum Pfarrer an St. Simon und St. Judas Thaddäus ernannt wurde. In der Pfarre und im Ort war Berger sehr beliebt. Im Jahresbericht des damaligen Dekans in Hochneukirch von 1934 wird Berger als "klug und eifrig", beschrieben, "besonders unter der Jugend, bei der er begeisterte Mitarbeiter hat." Bezeichnend sei sein Einsatz bei der Erbauung eines neuen Pfarrhauses gewesen, meint Eiling. Das Gebäude finanzierte er aus Spenden und Darlehen sowie zu einem Fünftel aus eigenem Ersparten.

"Er ist sehr lebhaft, widerspricht gern und bringt dadurch manchmal Leben ins Konveniat", steht im letzten Jahresbericht über Berger 1939. Seine Lebhaftigkeit und sein Mut zum Widersprechen wurden ihm zwei Jahre später zum Verhängnis: In einer Messe beklagte der Pfarrer die Opfer und die Zerstörung durch einen Luftangriff der Alliierten auf Aachen. Er mahnte zur Vorsicht. Die Nazis warfen ihm vor, Unwahrheiten über die Zerstörung Aachens verbreitet zu haben. Ohne ordentliches Gerichtsverfahren und Urteilsspruch wurde Berger nach Dachau deportiert.

Während der Zeit im Konzentrationslager schrieb er mit seiner älteren Schwester, die in Otzenrath für ihn den Haushalt führte. In den Briefwechseln ist dokumentiert, wie der Versuch, über Joseph Goebbels Mutter Maria in Rheydt den Pfarrer frei zu bekommen, scheiterte. 64 Briefe aus dieser Zeit hat Autor Eiling ausgewertet und teilweise im Buch verwertet.

Interessant sei, meint Eiling, dass man in den Briefwechseln fast mehr über die Geschehnisse in Otzenrath erfahre, als über Bergers Erfahrungen im Konzentrationslager. Einen Monat vor Kriegsende wurde Berger aus Dachau entlassen. Er kehrte "vom Tode gezeichnet" in seine Pfarre nach Otzenrath zurück. Drei Jahre später, am 30. November 1948, starb er.

(RP)
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