Jüchen Ausstellung zeigt Gastarbeiter-Geschichten

Jüchen · Auf die Schicksale der in Jüchen lebenden Familien mit türkischen Wurzeln ging Serin Alma bei ihrem Vortrag im Haus Katz ein.

Die Rückkehr in ihr Heimatland war für sie lange Zeit eine Option. "Ein Koffer zur Abreise stand bei uns zuhause immer bereit", erinnert sich Serin Alma auch an die Geschichte ihrer Familie. "Durch die Kinder hat sich das geändert, die Rückkehr war irgendwann kein Thema mehr", sagt sie. Bis heute lebt die 54-Jährige, die im Alter von elf Jahren aus der Türkei nach Deutschland kam, in Hochneukirch. Ihre Familie ist eine Gastarbeiter-Familie - eine von vielen, die im Laufe der Jahre im Gemeindegebiet Jüchen eine neue Heimat gefunden haben. Auf die Schicksale dieser Familien ging Serin Alma jetzt bei einem Vortrag im Haus Katz ein, dem sich die Eröffnung einer Ausstellung anschloss. Die Ausstellung, die von vielen Fotos lebt, soll ab Mittwoch für zwei Wochen im Rathaus zu sehen sein.

Der Vortrag über türkische Gastarbeiter-Familien der Vorsitzenden des Türkisch-Deutschen Freundeskreises markierte zugleich den Abschluss der Reihe "Demokratie leben", die unter anderem der Radikalisierungsprävention dienen sollte. Jüchens Sozialdezernentin Annette Gratz spricht von einer "insgesamt gut besuchten" Veranstaltungsreihe. Die drei Projekt-Teile - dazu zählte auch die Besichtigung des Hochneukircher Hindu-Tempels - dürften einen Beitrag zur Integration geleistet haben.

Zur Abschluss-Veranstaltung ins Haus Katz kamen gestern zahlreiche Besucher, darunter vor allem interessierte Jüchener mit türkischen Wurzeln. Serin Alma schätzt, dass im Gemeindegebiet heute zwischen 500 und 1000 Menschen leben, die selbst oder deren Vorfahren in der Türkei geboren wurden. Die meisten kamen ursprünglich als Gastarbeiter nach Jüchen - so wie auch die Familie von Serin Alma selbst, deren Mutter Nazife Alma Mitte der 1970er Jahre in einer Hochneukircher Textilfabrik arbeitete.

Die Geschichte ihrer Familie und die zahlreicher anderer beschäftigt Alma seit vielen Jahren: Sie hat eine Chronik geschrieben, etliche Zeitzeugen-Interviews geführt und Zahlen recherchiert. Dabei hat sie herausgefunden, dass der erste türkische Gastarbeiter Mitte der 1960er Jahre nach Jüchen kam. Das Gastarbeiterabkommen mit der Bundesrepublik Deutschland hatte seit 1961 bestanden. "Mein Ziel ist es, Berührungsängste abzubauen", erzählt Serin Alma, die gegenseitiges Verständnis fördern und um Toleranz werben möchte - auf deutscher wie auf türkischer Seite.

Als Gründerin steht Alma bis heute an der Spitze des Türkisch-Deutschen Freundeskreises, der sich intensiv mit Integrationsfragen auseinandersetzt und der inzwischen mehr als 100 Mitglieder zählt. Mit ihrer Arbeit gelingt es Alma, Generationen zu vereinen und auf die Geschichte der Familien mit türkischen Wurzeln aufmerksam zu machen - das hat ihr Vortrag gezeigt. Die Ausstellung, die ab Mittwoch im Rathaus zu sehen sein soll, zeigt Fotos der Gastarbeiter-Familien und Dokumente wie Reisepässe - sowie einen "Gastarbeiter-Koffer".

(cka)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort