Hückeswagenerin vor Gericht Letzte Warnung nach Stromklau bei Nachbarn

Hückeswagen · Juristisch heißt es sperrig „Entziehung von elektrischer Energie“. Gemeint ist schlicht Strom-Diebstahl. Und das ist eine Straftat. Deswegen musste sich eine Hückeswagenerin jetzt vor dem Amtsgericht verantworten.

 Der Diebstahl von Strom ist kein Kavliersdelikt. Und schon gar nicht, wenn das ein Einzelfall ist

Der Diebstahl von Strom ist kein Kavliersdelikt. Und schon gar nicht, wenn das ein Einzelfall ist

Foto: dpa/Sina Schuldt

Ohne Strom geht im Haushalt gar nichts. Was aber tun, wenn der Energieversorger den Strom abstellt, weil Rechnungen für die gelieferte Energie nicht bezahlt wurden und auf Mahnungen keine Reaktion kam? In dieser missliche Situation war im Winter 2018 eine 45-jährige Hückeswagenerin, die damals noch in Wipperfürth lebte. Sie löste das Problem auf ihre Weise: Erst bat sie einen Nachbarn im Haus, eine Außensteckdose von ihm nutzen zu dürfen und über ein Verlängerungskabel von dort aus Strom in ihre Wohnung zu leiten. Als der Nachbar das dann aber unterband, weil es ihm zu teuer wurde, zapfte sie dennoch weiter Strom bei ihm ab. Das brachte die Frau jetzt vor das Schöffengericht in Wipperfürth, denn Strom-Klau ist nach dem Strafgesetzbuch ein Vergehen.

In dem Strafverfahren ging es jetzt aber nicht nur um diesen einen Fall sondern noch um zwei weitere. Der Frau wurde zur Last gelegt, in die nur selten genutzte Wohnung des Nachbarn eingebrochen zu sein, um die von ihm abgestellten Sicherungen wieder einzuschalten und erneut Strom abzuzapfen. Bei der Gelegenheit soll sie verschiedene Dinge aus der Wohnung gestohlen haben. Dieser Einbruchdiebstahl war ihr letztlich aber nicht nachzuweisen. Im dritten Fall hatte sie nach ihrem Umzug in ein Mehrfamilienhaus in Hückeswagen erneut Strom aus einem Abstellraum abgezapft – wieder auf Kosten einer Nachbarin, um darüber einen Radiator zu betreiben, mit dem sie Wäsche trocknete. Die Hauseigentümerin kam dahinter, wieder flog der Strom-Diebstahl also auf. Inzwischen läuft ein Kündigungsverfahren, weil die Vermieterin die 45-Jährige nicht mehr als Mieterin im Haus haben möchte.

Im Strafverfahren legte die Angeklagte nun ein umfassendes Geständnis ab. Das kam überraschend, weil sie zunächst vorgegeben hatte, die mit ihr in einer Wohnung lebende erwachsene Tochter habe den Strom abgezapft. Das Geständnis wertete das Gericht als strafmindernd. Gegen die Angeklagte sprach ihr Vorstrafenregister: Wiederholt war die Hückeswagenerin wegen Vermögensdelikten verurteilt worden, zuletzt im Sommer 2019. Auch damals war es um „Entziehung elektrischer Energie“ gegangen. Als sie nun erneut Strom auf Kosten ihrer Nachbarn abzwackte, hatte sie noch unter Bewährung gestanden. Das wog schwer.

Im Prozess wurde auch die Bewährungshelferin der 45-Jährigen gehört. Sie bescheinigte der Frau, „nett und freundlich“ zu sein – aber auch „chaotisch und unstrukturiert“ in ihrer Haushaltsführung und bei der Schulden-Regulierung. Immerhin habe sie inzwischen eine regelmäßige Arbeit gefunden und sei bei ihrem Arbeitgeber gut angesehen. Auch die Sozialstunden, die sie nach einer früheren Verurteilung am Amtsgericht ableisten musste, habe sie zuverlässig und ordentlich erledigt.

Vor diesem Hintergrund beließ es das Schöffengericht bei einer Freiheitsstrafe von vier Monaten auf Bewährung. In der Urteilsbegründung sagte der Vorsitzende Richter: „Geldstrafen bewirken bei Ihnen erfahrungsgemäß nur Negatives – ich will Sie da nicht ins offene Messer laufen lassen.“ Eine eindringliche Warnung gab er der sichtlich erleichterten Hückeswagenerin aber auch mit: „Sobald Sie das nächste Verlängerungskabel in die Hand nehmen, um damit Strom bei Nachbarn abzuzapfen, werden Sie diese Freiheitsstrafe sehr zeitnah absitzen. Eine weitere Chance gibt’s nicht mehr!“ Die Frau wird wieder der Bewährungshelferin unterstellt, die sie dabei unterstützen soll, ihre finanziellen Probleme auf legalem Weg zu lösen.

Die Hückeswagenerin nahm das Urteil noch im Gerichtssaal an; es ist damit rechtskräftig.

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