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Abschied von Ratheim Pfarrerin Bronner geht früher in Pension

Ratheim/Gerderath · Die Gemeinde nimmt am Sonntag in der Friedenskirche Abschied von ihrer langjährigen Pfarrerin, die zwei Jahre früher in Pension geht. Ihre Nachfolgerin Anke Neubauer-Krauß ist in Ratheim bereits bestens bekannt.

 Anke Neubauer-Krauß (Mitte) wurde im Juni 2015 offiziell als Pfarrerin in Ratheim eingeführt. In einem Gottesdienst mit Superintendent Jens Sannig und Pfarrerin Susanne Bronner hielt sie damals ihre Antrittspredigt in der Friedenskirche.

Anke Neubauer-Krauß (Mitte) wurde im Juni 2015 offiziell als Pfarrerin in Ratheim eingeführt. In einem Gottesdienst mit Superintendent Jens Sannig und Pfarrerin Susanne Bronner hielt sie damals ihre Antrittspredigt in der Friedenskirche.

Foto: JÖRG KNAPPE

„Es ist der sehr direkte Menschenschlag hier, den ich mag; er ist dem sehr ähnlich in Duisburg, wo ich herkomme. Ich verstehe sogar Plattdeutsch.“ Da ist es kein Wunder, dass die Geschichte nach 38 Jahren nicht zu Ende ist. Die „Geschichte“ ist die Dienst- und Lebens-Zeit der Pastorin Susanne Bronner bei der evangelischen Kirchengemeinde Ratheim-Gerderath, die in diesen Tagen zu Ende geht, die Neu-Pensionärin bleibt aber in Ratheim. Auch ein Kompliment an den Menschenschlag.

1982 kam die am 13. Januar 1957 in Duisburg geborene Susanne Bronner als Vikarin, also Pastorin in der praktischen Ausbildung, in die Gemeinde Ratheim-Gerderath, in der mit Karl Hesse ein auch in politischer Hinsicht exponierter Seelsorger nicht nur Lehrer, sondern auch Mentor wurde. Und das passte, hatte Susanne Bronner doch schon als Schülerin in Duisburg in der Gemeinde-Jugendarbeit mit Disco und ähnlichem tolle „politische Nachtgebete“ mitgestaltet. Wenn auch der Wunsch, Pfarrerin zu werden, überhaupt noch nicht auf der Agenda war, der unbedingte Zusammenhang von Politik mit allen Lebensbereichen war schon da deutlich.

Erster Studienwunsch nach dem Abitur war eigentlich „Vergleichende Religionswissenschaften“ – „das war naiv“, meint Susanne Bronner im Rückblick, dennoch wohl schon etwas die Grundlage für ihre intensive ökumenische Arbeit in Ratheim mit dem Katholiken Klaus Jansen, auch mit alevitischen und muslimischen Gemeinden in der Stadt Hückelhoven.

Eigentlich erstaunlich, dass sie ihr gesamtes Berufsleben in der Gemeinde Ratheim-Gerderath verbracht hat, schließlich studierte sie Theologie in Berlin, in Göttingen und am Ökumenischen Institut in Bossey bei Genf in der Schweiz, gemeinsam mit 60 Kommilitonen aus 34 Nationen stand für sie die ganze Bandbreite von Theologie auf dem (englischen) Lehrplan, es war spannend, alles bot eine politische Dimension, und die gehört für Susanne Bronner unlösbar zur Theologie und zum Leben.

Nach dem Studienabschluss folgte Praxis in einer methodistischen Gemeinde im East End in London mit zahlreichen Zuwanderern aus mehreren Kontinenten. Dort auch die erste Predigt, mit Schweiß auf der Stirn, auf Englisch, über die Bibel: „Als ein Jamaikaner nach Ende rief ‚praise the lord‘, war’s geschafft!“ 1982 war die Gemeinde Ratheim-Gerderath das Wunschziel der examinierten Jung-Theologin aus einem eher überschaubar evangelischen Elternhaus.

Die erste Wohnung stand in Gerderath. Susanne Bronner war ohne Telefon, ohne Führerschein, ohne Geld, das Fahrrad auch im Dunkeln das Transportmittel, manchmal mit Angst verbunden. Nach Karl Hesses plötzlichem Tod 1985 wählte das Presbyterium sie 1986 zur Pfarrerin, der ersten im Nord-Kirchenkreis. Ihren Wahlspruch: „Frieden, Gerechtigkeit, Wahrung der Schöpfung“ konnte Susanne Bronner in der „liberalen Gemeinde“ in den beiden von Bergleuten geprägten Stadtteilen umsetzen, so der Rückblick 2020 auch auf den Rückhalt des Presbyteriums. „Karriere“ war nie das Bestreben, Mitmachen in der Gemeinschaft, in den Gemeinschaften, mit den Menschen war und ist Susanne Bronner auch ein politisches Anliegen. Die Offene Jugendarbeit, Frauen- und Trauerarbeit, das Interreligiöse Gebet, Konfirmanden-Anleitung, das Bündnis gegen Rechts, der Eine-Welt-Laden (im Pfarrhaus gegründet), Zusammenarbeit mit Pax Christi und, und, und… Dazu zwei Jahrzehnte in Funktionen im Kirchenkreis. Vor wenigen Jahren dann ein Schlag: Krebserkrankung! Die hat sie überwunden, dennoch geht Susanne Bronner zwei Jahre eher in Pension als mit 65 Jahren.

Und was steht ab Februar an? „2020 mache ich nichts!“ hat sich die Pfarrerin vorgenommen. Im beschaulichen Wohnquartier in (Ratheim-)Garsbeck heißt „nichts“ in diesem Fall lesen, Musik hören, die von den Empfängern hoch geschätzten Handschrift-Briefe verfassen und das seit Jahren ruhende Saxophon wieder einmal zu Tönen erwecken.

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