Schiedsamt in Hückelhoven Wenn Streithähne ihr Recht suchen

Hückelhoven · Das Ehrenamt erfüllt eine wichtige Funktion, wenn es gilt, für zwei zerstrittene Parteien eine Lösung zu finden. Bürgermeister Bernd Jansen verabschiedete im Rathaus zwei langjährige Schiedsmänner und begrüßte zwei Nachfolger: Klaus Daldrup aus Ratheim und Bernd Schmidt aus Baal.

 Bürgermeister Bernd Jansen verabschiedete Schiedsmänner und begrüßte Neue in dem Ehrenamt (v.l.): Klaus Daldrup und Johann Josef Müller sowie (v. re.) Bernd Schmidt und Manfred Lischka.

Bürgermeister Bernd Jansen verabschiedete Schiedsmänner und begrüßte Neue in dem Ehrenamt (v.l.): Klaus Daldrup und Johann Josef Müller sowie (v. re.) Bernd Schmidt und Manfred Lischka.

Foto: Gabi Laue

Verwaltungschef Bernd Jansen kennt die Klagen aus seiner Bürgermeister-Sprechstunde: Kleine Anlässe wie nicht geschnittene Hecken, Hundegebell, knapper Parkraum oder Kindergeschrei bringen Mitbürger in Rage. Sie sagen oft: „Mit dem Nachbarn rede ich nicht!“ Die Feindschaft reicht manchmal über mehrere Generationen. Umso erfreuter war Jansen über zwei neue Schiedsleute. „Menschen, die sich mit zerstrittenen Parteien an einen Tisch setzen, sind schwer zu finden.“

Verabschiedet hat er Johann Josef Müller und Manfred Lischka, die jeweils seit 2004 das Ehrenamt ausgeübt haben über drei Amtsperioden, also zweimal für je fünf Jahre wiedergewählt. Beide erhielten zum Dank die Plakette des Bürgermeisters, einen Bildband über die Stadt und einen Blumenstrauß. Gefunden hat Jansen zwei Nachfolger: Klaus Daldrup für den Schiedsamtsbezirk II Ratheim/Altmyhl und Stellvertreter für den Bezirk V, Kleingladbach/Schaufenberg/Millich, sowie Bernd Schmidt für Baal/Doveren/Rurich, Stellvertreter im Bezirk V, Brachelen und Hilfarth. Dankesurkunden des Landgerichts Mönchengladbach überreichte Hartmut Bönnen, Direktor des Amtsgerichts Erkelenz. Er umriss die Geschichte der Institution Schiedsmann, die auf das Jahr 1824 zurückgeht. Unbesoldet waren die Ehrenamtlichen schon damals, so Bönnen: „Sie setzen sich in ihrer Freizeit für ein sozial verträgliches Miteinander ein.“

Mit fast 78 Jahren wollte Johann Josef Müller das Amt in jüngere Hände legen. „Ich habe den Schritt nie bereut, es war immer interessant“, sagte der frühere Polizeibeamte. „Ich kam mit altgedienten Schiedsleuten zusammen, die mich sehr gut aufgenommen haben, und die Verwaltung hat sich sehr gut gekümmert.“ Als „bereichernd“ empfand Manfred Lischka die Tätigkeit: „Es tut gut, wenn man Mitbürgern helfen kann, die Probleme nicht alleine auf die Reihe bekommen.“ Wie der Bürgermeister hat er ebenfalls oft erfahren: „Die Leute sind sprachlos, weil sie übereinander und nicht mehr miteinander reden.“ Ein Kuriosum ist ihm in Erinnerung: „Es ging um ein Katzentier. Der Antragsteller behauptete, der Gegner habe ihm seine Katze weggenommen. Der wiederum sagte: Das ist mein Kater, der gehört mir.“ Vorschlag zur Güte: Ein Tierarzt sollte das Geschlecht feststellen. Doch leider war das angeblich nicht zu klären. „Das Tier war divers“, scherzte Lischka, der vom weiteren Ausgang des Dramas nichts mehr hörte. Nur einmal war er nahe daran, aufzugeben, so unangenehm war der Anwalt. „Mein unangenehmster Fall.“

Lischka freute sich immer, wenn er etwas ausrichten konnte, doch erscheinen zunehmend mehr Parteien mit Anwalt, und der wolle meist nicht „die Kuh vom Eis kriegen“, sondern siegen. Dabei solle niemand als Sieger oder Verlierer vom Platz gehen. Und so mancher strebt nur eine Erfolglosigkeitsbescheinigung an, um nach gescheiterter Schlichtung zum Gericht zu gehen.

Eine schlimme Feindschaft erlebte Josef Müller bei einem Mann und seiner älteren Nachbarin, die zunächst gut miteinander auskamen. Nachdem die Ehefrau eingezogen war und ein Baby kam, wendete sich das Blatt. Die alte Dame drehte das Radio auf, klopfte nachts an die Scheiben, Polizei und Ordnungsamt erschienen mehrfach wegen Ruhestörung. Beim Schiedstermin kam es nicht dazu, dem Nachbarn das Wort zu erteilen. „Die ältere Dame ist total ausgeflippt und gegangen“, erzählte Müller. Beim überwiegenden Teil der Ratsuchenden reicht aber schon ein Telefongespräch, um Dampf abzulassen – „Tür- und Angelfälle“, die sich in Wohlgefallen auflösen.

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