Leichtathletik Laufend durch Las Vegas

Die bunte Welt des Spielerparadieses eroberte Klaus Flieger vom Lauftreff Gruiten-Neandertal zu Fuß. Rund 25 000 Sportler starten jedes Jahr im Dunkeln beim Halbmarathon.

 Klaus Flieger hat den Rock'n Roll-Marathon genossen.

Klaus Flieger hat den Rock'n Roll-Marathon genossen.

Foto: Staschik

Ein Meer aus Lichtern, Wasserspielen und weltberühmten Hotels, die sich am Straßenrand aneinander reihen. Diese Kulisse von Las Vegas bewegte Klaus Flieger, sich ein Flugticket zu kaufen und den Weg Richtung Westen zu wählen. Die Vorstellung, den so genannten Strip im Dunkeln laufend für sich zu entdecken, faszinierte den leidenschaftlichen Freizeitsportler. Zusammen mit 25 000 Langstreckenläufern aus aller Welt versammelte er sich am Start zu diesem besonderen Halbmarathon. "Die Beleuchtung, die Atmosphäre — es war einfach unglaublich", schwärmt der 69-Jährige vom Lauftreff Gruiten-Neandertal.

Die ersten Kilometer legte Klaus Flieger an der Seite eines Soldaten aus Brasilien zurück. "Er hat mir erzählt, dass er den Start in Las Vegas bei einem militärinternen Wettkampf gewonnen hat." Unterwegs ergaben sich immer wieder Begegnungen und Gespräche mit spannenden Geschichten. Die Zeit dazwischen nutzte Flieger zum Staunen. "Immer wieder habe ich mir diese fantastischen Hotels angesehen. Da taucht plötzlich Venedig überdacht vor einem auf, und im nächsten Moment wandert der Blick wieder in dieses schöne Tal."

Nach jedem Kilometer warf der Haaner jedoch auch einen Blick auf seine Uhr, damit die Zeit ihm nicht davonlief. "Durch die vielen Leute und die unzähligen Lichter war ich oft abgelenkt. Wer sich da treiben lässt, muss das hinterher büßen." Diese Erfahrung machte er bereits bei seinem ersten Zehn-Kilometer-Lauf vor 18 Jahren. "Damals hatte ich gerade mit dem Laufen begonnen, um etwas für meinen Körper zu tun. Früher war ich Rallyes gefahren und hatte ein bisschen Tennis gespielt, aber nie daran gedacht, etwas nur mit meinen Füßen zu tun. Bei meinem ersten Lauf stand meine Mutter im Publikum und dachte, dass ich, wie beim Motorsport auch dort in der Spitzengruppe ankäme." Doch nach einem schnellen Start, musste Flieger einen Konkurrenten nach dem anderen an sich vorbeiziehen lassen. Mit letzter Kraft kämpfte er sich ins Ziel. "Noch immer habe ich die Stimme meiner Mutter im Ohr, wie sie mit enttäuschtem Unterton ,na ja' vor sich hin murmelt."

Erst als sich auch sein Sohn auf seinen ersten Marathon vorbereitete, verlängerte Flieger seine Strecken. Seitdem hat er viele europäische Städte Schritt für Schritt erobert, ist durch die Straßen von Havanna und am Strand von Miami entlanggelaufen. Im vergangenen Jahr erfüllte er sich einen Traum und startete beim Marathon in New York. "Als ich nach dem Start über die Brücke gelaufen bin mit Frank Sinatras New York, New York im Ohr, habe ich feuchte Augen bekommen. Später im Central Park anzukommen, war ein Gefühl des Triumphes", erzählt Flieger.

Ihn reizen die Läufe in aller Welt, weil jeder anders ist, seinen eigenen Charakter hat. "Das Flair der Städte und die Stimmung ist gigantisch. Ganz besonders aber liebe ich die Musik der vielen Bands, die uns Läufer begleiten. Das motiviert mich." Zusammen mit den Zuschauern, die ihn auch in Las Vegas lautstark anfeuerten, umgibt ihn eine Geräuschkulisse, die ihn bis ins Ziel trägt. Auf dem Rückweg vom Stratosphere Tower ließ er sich von den Wasserspielen verzaubern und klatschte zahllose Hände ab.

"Am Ende war ich etwas langsamer. Vorgenommen hatte ich mir zwei Stunden und zehn Minuten, gelaufen bin ich zwei Stunden und 15 Minuten", berichtet Klaus Flieger. Er hat bereits das nächste Ziel vor Augen. Nach seinem 70. Geburtstag im September startet er beim Marathon in seiner Heimatstadt Berlin und möchte dort unter einer Zeit von fünf Stunden bleiben. "Das ist dann mein dritter und letzter Marathon, denn das Training ist so aufwändig, dass ich das zeitlich einfach nicht schaffe", betont der leidenschaftliche Freizeitsportler. Laufen will Flieger jedoch bis an sein Lebensende.

(domi)
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