Haaner Intensivmediziner blickt positiv ins neue Jahr „Wir begegnen dem Virus extrem gut vorbereitet“

Clemens Kehren ist seit einem Jahr Chefarzt der Anästhesie und Intensivmedizin im St.-Josef-Krankenhaus Haan und im St.-Josefs-Krankenhaus Hilden. Im Interview spricht er über das Corona-Jahr, die Bedeutung von Teams, Geduld bei den Impfungen und warum er voller Zuversicht ins Neue Jahr blickt.

 Dr. Clemens Kehren, Chefarzt der Anästhesie, Intensivmedizin und Schmerztherapie in den Krankenhäusern Hilden und Haan.

Dr. Clemens Kehren, Chefarzt der Anästhesie, Intensivmedizin und Schmerztherapie in den Krankenhäusern Hilden und Haan.

Foto: Kplus-Verbund/Uli Preuss

Wie blicken Sie ins neue Jahr?

Kehren Positiv. Sehr, sehr positiv. Mit so hervorragenden Teams, der tollen kollegialen Zusammenarbeit mit den Internisten auf der interdisziplinären Intensivstation, meinen zwei sehr guten leitenden Oberärzten, Oberarztteams und den großartigen Intensivpflegemannschaften kann ich auch gar nicht anders, als voller Zuversicht auf 2021 zu schauen. Mir ist wichtig, an dieser Stelle ein Dankeschön auszusprechen. Interviewt werden immer die Ärzte, aber ohne gute Pflegeteams können diese nicht effektiv arbeiten. Jeder Einzelne leistet hier Gigantisches. Hinzu kommt eine dynamische Geschäftsführung. Medizinisch sind unsere Krankenhäuser hervorragend aufgestellt: Wir treten dem Virus mit modernster Technik entgegen und sind extrem gut vorbereitet.

Was denken Sie, wenn Sie Bilder von Menschenmassen vor Skiliften sehen?

Kehren Dafür habe ich kein Verständnis. Ja, die Menschen wollen etwas erleben, weil weder Urlaube noch Restaurantbesuche oder anderer Ausgleich in dem Maße möglich waren wie zuvor. Einen solchen Einschnitt ins Privatleben gab es vorher nicht. Aber: Wir haben nun einmal nachweislich eine Infektionssituation. Und wir wissen, wie wir eine Ausbreitung des Virus verhindern können. Die Maßnahmen dazu sind ganz einfach. Nur verlieren viele Menschen leider die Geduld.

Viele Hoffnungen lasten auf den Impfungen.

Kehren Wichtig ist, dass Impfungen Zeit brauchen. Erstmal ist es ein großer logistischer Aufwand, alle Interessierten zu impfen. Und dann müssen wir sehen, wie sich die Lage entwickelt und wie gut die Impfungen anschlagen.

Werden Sie sich impfen lassen?

Kehren Ja.

Ihr Jahresrückblick in Kürze?

Kehren 2020 war eine Herausforderung, aber ich bin absolut zufrieden. Wir haben extrem viel bewegt und die Arbeit macht mir wirklich sehr viel Spaß. Das sage ich nicht nur für dieses Interview, sondern meine es und lebe es auch im Arbeitsalltag. Ich beginne immer in einem Krankenhaus und fahre dann im Laufe des Tages ins andere, auch in den Weihnachtstagen, obwohl ich keinen Dienst hatte. Der Teamgedanke ist bei uns sehr stark, wir stehen zusammen und meistern diese Herausforderung.

Wann ist Ihnen das Virus zum ersten Mal begegnet?

Kehren In der Fachwelt schon zu Weihnachten und Neujahr 2019/2020. Auch in der Kplus-Gruppe haben wir uns schnell entsprechend aufgestellt, im Januar und Februar, also schon bevor das Thema größer in die Medien kam.

War Ihnen klar, was das Virus bedeutet?

Kehren Ja. Es war uns klar, dass es ernst zu nehmen ist, und dass wir uns in der Intensivmedizin mit dem Thema Beatmungskapazitäten beschäftigen müssen. Das Ausmaß war allerdings für niemanden abzusehen.

Die Kplus-Gruppe hat massiv investiert.

Kehren Absolut. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Wir haben die Kapazitäten erweitert und stellen Covid-Patienten mehr Stationen zur Verfügung, haben jetzt drei neue Beatmungsgeräte in Haan und vier neue Geräte in Hilden. Zudem haben wir noch vor Weihnachten ein komplett neues, integratives Monitoringssystem auf der Intensivstation in Haan in Betrieb genommen, welches direkt mit dem OP und dem Schockraum synchronisiert ist. Auch der OP-Trakt wurde für fast sieben Millionen Euro erneuert.

Wie sah und sieht die Lage in Ihren Krankenhäusern aus?

Kehren Frühjahr und Sommer waren medizinisch gesehen erträglich, die Belegungszahlen in unseren Intensivbetten nicht übermäßig hoch. Jetzt haben wir deutlich mehr Patienten und sind gut ausgelastet. Der größte Unterschied zum Frühjahr ist allerdings, dass wir damals im Gegensatz zu heute keine relevanten personellen Ausfälle durch Erkrankungen oder Quarantäne hatten.

Gab es Raum für Themen abseits von Corona?

Kehren Das Jahr war komplett anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Wenn man eine solche Aufgabe übernimmt, macht man sich Gedanken, was man umsetzen möchte, erstellt Pläne und schreibt Konzepte. Davon bin ich abgerückt und direkt ins Krisenmanagement eingestiegen. Abseits von Corona galt es, sich weiteren Herausforderungen der Gesundheitspolitik zu stellen und sich da zu positionieren.

Wie konnten Sie sich mit anderen Ärzten austauschen? Fachkongresse gab es ja nicht.

Kehren Das stimmt, aber der Austausch war dennoch sehr intensiv, vielleicht sogar intensiver als sonst. Zum Beispiel hatte ich regelmäßige Telefonberatungen mit meiner alten Klinik in Essen, aber auch Online-Fortbildungen. Das Virus hat so gesehen Schatten und Licht gebracht.

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