Menschen in Grevenbroich Die 104-Jährige, die ins Flugzeug stieg und die Welt bereiste

Grevenbroich · Ruth Hohmann erlebte alle Epochen der jüngeren deutschen Geschichte und reiste an die verschiedensten Orte der Welt. Heute lebt sie im Albert-Schweitzer-Haus. Mit 104 Jahren zählt sie zu den ältesten Grevenbroichern.

 Ruth Hohmann lebt im Albert-Schweitzer-Haus. Mit großem Interesse verfolgt sie das politische Geschehen, interessiert sich für Literatur und Musik.   Foto: G. Salzburg

Ruth Hohmann lebt im Albert-Schweitzer-Haus. Mit großem Interesse verfolgt sie das politische Geschehen, interessiert sich für Literatur und Musik. Foto: G. Salzburg

Foto: Georg Salzburg (salz)

Ruth Hohmann ist Jahrgang 1916. Als sie das Licht der Welt erblickte, tobte der Erste Weltkrieg. Das deutsche Kaiserreich kämpfte in der Schlacht um Verdun gegen Frankreich. Kamerun und Togo waren deutsche Kolonien, und es gab schätzungsweise gerade einmal 1,7 Milliarden Menschen auf der Welt. Seither hat sich einiges verändert. Es sollten Jahrzehnte folgen, die den meisten nur aus dem Geschichtsunterricht bekannt sind. Die Weimarer Republik, die NS-Zeit und der Zweite Weltkrieg sowie der Wiederaufbau und das geteilte Deutschland. Ruth Hohmann hat all das selbst miterlebt.

Aufgewachsen ist sie in Dresden. Ihr Vater war Professor an der Kunstakademie. In jungen Jahren machte sie ihr Abitur an einem Mädchengymnasium. „Ich brauchte jeden Tag anderthalb Stunden bis zur Schule, da wir etwas außerhalb der Stadt wohnten“, erinnert sich die geborene Sächsin. Nach dem Schulabschluss folgte die Heirat. „Ich war damals 18 Jahre alt“, erzählt Hohmann. Bei Kriegsausbruch zog sie mit ihrem Mann in den Harz, da es dort nicht so gefährlich war wie in den Städten. Als die Dresdnerin in ihre Heimat zurückkehrte, bot sich ihr ein dramatischer Anblick. „Da war alles zerstört, was zerstört werden konnte“.

Nach dem Krieg bestand ihre Hauptaufgabe im Großziehen ihrer drei Kinder. Ihre Leidenschaft galt schon immer dem Reisen. Bereits in den 1930er-Jahren flog Hohmann, die damals Anfang 20 war, nach Kuba. Später folgten Trips auf fast alle Kontinente. „Ich war neugierig und wollte das alles kennenlernen“, erzählt die 104-Jährige mit einem Lächeln. Obwohl sie in den vergangenen 100 Jahren so viel rumgekommen ist, hat es ihr der Niederrhein ganz besonders angetan.

In Grevenbroich lebt die über Hundertjährige nun seit etwa 20 Jahren. Die letzten sieben davon verbrachte sie im Albert-Schweitzer-Haus. „Ich kenne jede Ecke in der Stadt“, betont Ruth Hohmann, die immer noch eine besondere Lebensfreude ausstrahlt. „Wenn man allein ist, sieht man alles viel gründlicher“. Auch wenn die Seniorin sich heute immer noch gut mit ihrem Rollator bewegen kann, unternimmt sie aus Angst vor einem Sturz mittlerweile keine Spaziergänge mehr.

Trotz ihres Alters beschäftigt sich die Seniorin immer noch mit den verschiedensten Dingen – mit Politik, klassischer Musik oder Literatur. Aber auch das Fernsehen ist wichtig für die Seniorin. Dort verfolgt sie das Geschehen auf der Welt, dass sie früher immer so gerne selbst entdeckte. „Sonst wäre das ja ein trauriges Dasein, wenn ich das nicht hätte“, sagt Ruth Hohmann.

Auf die Frage, was das Geheimnis des Altwerdens sei, hat sie sofort eine Antwort: „Das geistige Interesse ist es, was fit hält“. Auch im hohen Alter neugierig zu bleiben – das sei der Schlüssel. Ruth Hohmann hat ihren Entdeckungsgeist stets beibehalten. „Wenn man nur so dahinlebt, dann passiert ja nichts“.

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