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Serie „So wohnt das Gelderland“ Zu Besuch in Issums „Musen-Mühle“

Issum · Dagmar Gaßdorf hat sich direkt in das besondere Gebäude verliebt. Es ist nicht nur Wohn- sondern auch Kulturort.

 Dagmar Gaßdorf in ihrem Wohnzimmer. In dem schönen Ambiente treffen sich Freunde der Kultur.

Dagmar Gaßdorf in ihrem Wohnzimmer. In dem schönen Ambiente treffen sich Freunde der Kultur.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Der Kontrast könnte nicht größer sein. Dagmar Gaßdorf steht auf einem Teppich mit vielen kleinen, bunten Quadraten.

Er erinnere sie an Gerhard Richter, sagt die Issumerin. Sein berühmtes Kunstwerk 4096 Farben strotzte ebenso vor Farbigkeit. Über ihrem Kopf sind das riesige Kammrad, der Königsbalken und die Flügelwelle aus massivem, dunklem Eichenholz. Beim Blick nach oben gerät die Mühlenbesitzerin ins Schwärmen. 1870 ist die Mühle gebaut worden. Wenn Dagmar Gaßdorf zusammenrechnet, wie alt die Eichen gewesen sein müssen, bis sie so so dick waren, dass sie zu den stabilen Mühlen-Balken wurden, dann geht das weit zurück. Das „Haus“ atmet Geschichte. Bekannt ist die Mühle bei den Issumern auch als Kleinmanns-Mühle.

Als Dagmar Gaßdorf die Mühle sah, war sie sofort verliebt. Es sei „ein Objekt mit Gesicht“, sagt die Mühlenbesitzerin fasziniert. Nicht nur die Geschichte um die Mühle ist spannend, sondern auch das Einrichten. Die Wände sind nicht gerade, die Räume werden nach oben hin immer kleiner. „Die Raumstruktur war gegeben und hat mir gefallen“, sagt Dagmar Gaßdorf. Mit den Gegebenheiten und Besonderheiten der Mühle geht sie spielerisch aber auch ganz pragmatisch um. Als sie auf der Galerie Bilder aufhängen wollte, ging das nur mit Hilfe einer sehr langen Leiter. Der Nachbar war gleich zur Stelle und half mit der Leiter aus, die sonst fürs Apfelpflücken herhalten muss. Die Nachbarn hätten sie sehr herzlich und klassisch mit Brot und Salz willkommen geheißen, sagt die Mühlenbesitzerin. Die niederrheinische Freundlichkeit und Zugewandtheit hat sie gleich mitbekommen.

Mit dem Einzug in die Mühle wechselte Dagmar Gaßdorf nicht nur ihr Zuhause, sondern auch gleich den Wohnort. In Essen hatte sie einen literarischen Salon. In ihrem neuen Domizil in Issum sollen Matineen stattfinden. Deswegen hat sie ihrem Zuhause auch den zusätzlichen Namen „Musen-Mühle“ gegeben. Auf den hölzernen Stufen, die vom Erdgeschoss nach oben führen, liegen Kissen. Ihre Besucher können sich dort hinsetzen und der Musik der Künstler und den Vortragenden lauschen. „Das ist mein Beitrag für die Gesellschaft“, sagt Dagmar Gaßdorf. Wer allerdings erwartet, dass in den Räumen „Die schöne Müllerin“ von Schubert erklingt, der wird eines besseren belehrt. „Das wäre mir zu platt“, sagt Dagmar Gaßdorf lachend. Ihr Lieblingsplatz ist oben auf der Galerie, mit den Beinen frei schwingend, den Blick nach unten gerichtet. Das große Wohnzimmer zu ihren Füßen ist das Zentrum des Erdgeschosses. Von da gehen alle anderen Räume ab, die Küche etwa und das Schlafzimmer. „Runde Räume haben etwas unglaublich Kommunikatives“, sagt die Mühlenbesitzerin begeistert. „Ich glaube, das überträgt sich auch auf die Besucher.“ Die lernen auch ganz viel über die Mühle, wenn sie wollen. An jeder Etage hat Dagmar Gaßdorf ein kleines Schild angebracht. Vom Erdgeschoss geht es die Treppe rauf auf den Mehlboden, wo die Bibliothek ist. Ein paar Stufen weiter geht es den Mahlboden herauf. Eine Figur der englischen Queen steht in einer kleinen Nische und winkt dem Besucher lächelnd zu. „Das Schöne ist, in einem solchen Gebäude kann man auch einen Stil-Mix betreiben, anders als in einer ,normalen’ Wohnung“, sagt die Neu-Issumerin. Vom Mahl- geht es weiter auf den Kornboden. Weiße Holzdecke trifft auf alte Eichenbalken. Mit ganz langen Nägeln und Dübel halten auch an den konischen Wänden die Bilder.

Mit den Worten: „Jetzt wird es spannend, bitte nicht den Kopf stoßen“ geht Dagmar Gaßdorf vor auf den Kappenboden mit dem Königsbalken und dem Teppich, der Gerhard-Richter-Erinnerungen weckt. Als Besucher steht man im technischen Zentrum der Mühle. Sie bedaure sehr, dass die Flügel nicht mehr dran sind, sagt Dagmar Gaßdorf. Andererseits wären sie bei ihrer Mühle, anders als bei der Herrlichkeitsmühle in Issum, nur Dekoration. Nachdem sich ein Förderverein um die Mühle an der Mühlenstraße kümmerte, laufen bei der Herrlichkeitsmühle auch die Mühlenräder wieder, bewegt vom Wind, der die Flügel in Bewegung setzt.

Für Dagmar Gaßdorf ist ihre Musen-Mühle ihr Zuhause, zum Wohnen, Arbeiten und dem Teilen von schönen, kulturellen Veranstaltungen. Sie hat das Denkmal auf ihre Weise neu mit Leben gefüllt.

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