Schulleben Ein Tag in Walbecks Ganztagsklasse

Walbeck · Paul geht in die 1b der St.-Luzia-Grundschule im Spargeldorf. Bis nachmittags hat er gemeinsam Unterricht mit seinen Klassenkameraden. Die Mitschüler der 1a gehen dagegen schon mittags nach Hause. Ein Vergleich.

 Im Deutschunterricht der Klasse 1 b ging es an diesem Tag um das "m".

Im Deutschunterricht der Klasse 1 b ging es an diesem Tag um das "m".

Foto: Bianca Mokwa

Die Tür geht auf und plötzlich wird es voll im Klassenraum. Die 1b bekommt Besuch von der Nachbarklasse. „Wir wollen euch eine Freude machen und ein Lied beibringen“, sagt die Klassenlehrerin. Das kommt so gut an, dass die 1b die 1a gerne noch länger dabehalten hätte, für eine Zugabe. Das geht aber nicht. „Denn die Bärenkinder müssen sich noch die Hausaufgaben von der Tafel abschreiben“, sagt die Klassenlehrerin.

Das müssen die Kinder der 1b nicht. Während die Schulkameraden der 1a um 11.35 Uhr oder an langen Tagen um 12.35 Uhr Schule aus haben, bleiben die 21 Schüler der 1b bis 15 Uhr in der Schule. Offene Ganztagsklasse nennt sich das Konzept an der St.-Luzia-Grundschule. Einer, der mittendrin ist, ist Paul, sechs Jahre. „Wir haben uns bewusst dafür entschieden“, sagt seine Mutter Julia Swemers. Sie findet das Konzept interessant und findet es gut, dass die Klasse zusammen ist, auch beim Mittagessen und den Hausaufgaben.

Das Konzept habe man von der Liebfrauenschule Goch übernommen, sagt Christian Pentzek, Schulleiter der St.-Luzia-Grundschule Walbeck. „Die Schüler entwickeln eine unheimliche Sozialkompetenz“, nennt er den Nutzen, wenn die Schüler bis 15 Uhr gemeinsam unterwegs sind. Die Aufgabenzeit ist in den Stundenplan integriert und ersetzt die Hausaufgaben. „Es ist erstaunlich, in welcher Ruhe die Kinder selbstständig arbeiten“, schildert Lehrer Hermann-Josef Fuchs seine Erfahrungen. Dass die Hausaufgaben schon in der Schule gemacht werden, sei dem häuslichen Familienfrieden sehr zuträglich, sagt der Schulleiter. „Die Eltern werden aber nicht vollkommen entpflichtet. Das Lesen und Einmaleins üben liegt auch immer noch in der Verantwortung der Eltern.“

Zurück in die Klasse. Bevor es losgeht, erklärt Klassenlehrerin Mareike Janßen, was heute alles auf dem Plan steht: Deutsch, Musik, Frühstück, Aufgabenzeit, Mathematik, Mittagessen und Sport. Beim Wort Mathe brechen die Kinder in Jubel aus. Mathematik ist auch Pauls Lieblingsfach. Nach der Begrüßungsrunde mit Klassenmaskottchen Wim, dem Waschbären, geht es los.

„Wir starten heute mit Deutsch und lernen einen neuen Buchstaben“, sagt Janßen. Alle heben ihren Finger in die Luft, es gibt einen Startpunkt und eins, zwei, drei entsteht ein „m“. Auf der Tafel darf jedes Kind den schwungvollen Buchstaben nachmalen, dann mit Knete kneten, in den Sand schreiben und später in sein Aufgabenheft schreiben. „Wir haben mit allem, was wir tun, ein bisschen mehr Zeit“, sagt die Klassenlehrerin. Wichtig sei ihr außerdem, dass die Klasse ein Team wird. Das sei natürlich bei jeder Klasse wichtig, aber wenn man so viel Zeit miteinander verbringt, umso mehr.

Bei der gemeinsamen Aufgabenzeit ist nicht nur die Klassenlehrerin als Ansprechpartnerin für die Kinder da, sondern auch Elisa, die ihren Bundesfreiwilligendienst an der Schule absolviert, und Janna Derkx vom Ganztagsteam. Sie geht mit den Kindern auch zum Mittagessen, das aus der eigenen Schulküche kommt.

Gegessen wird auch dort im Klassenverband. Paul sitzt an einem Jungen-Tisch mit seinen Freunden, die er zum Teil schon aus dem Kindergarten kennt. „In der Schule lernt man und spielt nicht, anders als im Kindergarten“, sagt der Erstklässler. Zum Mittagessen gibt es Kartoffeln, Gulasch und Apfelmus. „Das gemeinsame Essen ist ein großes Thema“, sagt der Schulleiter. Man wartet, bis der andere fertig ist. „Logischerweise muss man da auch manchmal zurückstecken und sich selbst nicht so wichtig nehmen“, erklärt Pentzek. Das sind Fähigkeiten, die einem im späteren Leben das Miteinander erleichtern.

Nach dem Essen geht Paul mit ein paar Jungs und mit Tanja Verhölsdonk vom Ganztag zu den Hühnern im Schulgarten. Arbeitsgemeinschaften, die auch von Menschen aus dem Dorf angeboten werden, bereichern das Nachmittagsprogramm, das eben nicht nur aus lernen und Hausaufgaben besteht. „Die Dorfgemeinschaft ist ganz wichtig“, betont Pentzek. Für Paul geht es nach einer Pause, in der er Kettcar fahren kann, noch zum Sportunterricht. Um 15 Uhr wird er von seiner Mutter abgeholt, die Hausaufgaben sind schon gemacht.

 Beim Matheunterricht rücken alle ganz nah an die Tafel. Paul rechnet eine Aufgabe an der Tafel vor.

Beim Matheunterricht rücken alle ganz nah an die Tafel. Paul rechnet eine Aufgabe an der Tafel vor.

Foto: Bianca Mokwa
 Das Mittagessen findet im Klassenverband statt.

Das Mittagessen findet im Klassenverband statt.

Foto: Bianca Mokwa
 In der Pause geht es für Paul zu den Hühnern. Sie sind Teil des Schulgartens, um den sich die Schüler kümmern.

In der Pause geht es für Paul zu den Hühnern. Sie sind Teil des Schulgartens, um den sich die Schüler kümmern.

Foto: Bianca Mokwa
 Am Schluss des Schultages steht Sport auf dem Programm. Um 15 Uhr geht es für Paul nach Hause.

Am Schluss des Schultages steht Sport auf dem Programm. Um 15 Uhr geht es für Paul nach Hause.

Foto: Bianca Mokwa

Die Eltern dürfen, wenn sie ihre Kinder an der St.-Luzia-Grundschule anmelden, wählen, ob sie den „normalen“ Stundenplan möchten oder die Offene Ganztagsklasse. Am Donnerstag, 20. September, findet ein Informationsabend für Eltern von Schulneulingen statt. An diesem Abend wird auch noch einmal detailliert auf das Konzept Offene Ganztagsklasse eingegangen.

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