Duisburger Geschichte Der sagenumwobene Riesenvogel Rukh

Duisburg · Der Riesenvogel Rukh ist ein Fabelwesen aus der orientalischen Mythologie. Was er mit Mercator zu tun hatte.

 Dem riesigen Vogel Rukh (auch Ruc, Roc, Rokh, Ruch oder Rock) wurde nachgesagt, er greife Elefanten und trage sie mühelos durch die Lüfte.

Dem riesigen Vogel Rukh (auch Ruc, Roc, Rokh, Ruch oder Rock) wurde nachgesagt, er greife Elefanten und trage sie mühelos durch die Lüfte.

Foto: C.M.Detmold

Zwischen 95° und 100°  O 40 °S findet sich auf einem der Mercatorgloben ein seltsamer Hinweis: Der riesige Vogel Rukh greife Elefanten und trage sie mühelos durch die Lüfte. Als Quelle nennt der gewissenhafte Mercator einen Reisebericht von Marco Polo. Möglicherweise bezog sich Marco Polo auf Überlieferungsstränge aus „Tausendundeine Nacht“ und „Sindbad der Seefahrer“.  Der Riesenvogel Rukh sei dem Seefahrer Sindbad auf einer Insel im Indischen Ozean begegnet. Nach der Sage griff der Rukh Sindbarts Schiff an und die Besatzungsmitglieder sprangen voller Panik in das Meer. Der Rukh stieß aus der Luft hinab,  schleuderte einen riesigen Felsbrocken auf das Schiff und versenkte es innerhalb von Sekunden. Sindbad rettete sich mit letzter Kraft auf die Insel Madagaskar. Als bald darauf der Rukh mit ausgebreiteten Schwingen fast den Boden berührte, band sich Sindbad am Bein des Riesenvogels fest und konnte so die Insel verlassen.

Eine weitere abenteuerliche Geschichte über den Rukh lieferte ein arabischer Reisender: „Auf meinem Weg kam ich an einen gigantischen Baum, in dessen übermächtiger Krone sich ein riesiges Nest befand. Darin saßen mehrere Monsterkücken, die ich aus dem Nest holte und tötete. Ich hatte großes Glück - die Rukh-Eltern befanden sich gerade auf Elefantenjagd. Meine Beute brachte ich in meine Herberge. Dort bereitete der Koch des Hauses die erlegten Jungvögel zu einer wohlschmeckenden Speise. Ich lud die betagten, schon ergrauten Gäste des Hauses zu einem Festmahl ein. Die belebende und verjüngende Wirkung des vorzüglichen Fleisches der Monsterkücken zeigte Wirkung.  Am nächsten Morgen erschienen vitale Gäste mit glatter Haut und bei den Männern waren die ergrauten Bärte wieder tiefschwarz.“ Nun ja, in anderen Erzählungen aus unserem Kulturraum sind es Jungbrunnen oder das kräftigende Drachenblut. Aus heutiger Sicht würde man von fake-news sprechen.

In Gerhard Mercators Karten und Globen verschmolzen Geodaten, innovative Projektionsmethodik mit den Mysterien, Ungeheuern und bizarren Geheimnissen. Die Kartographen im 16. Jahrhundert mussten sich auf die Informationen von Seefahrern und Reisenden verlassen. Mehr als ein Körnchen Wahrheit war sicherlich oft darin enthalten. Ein historischer Hinweis auf die Gleichsetzung von Rukh und Aepyornis (Elefantenvogel) findet sich bei Hieronymus Megiser (1623). Dieser zitiert wieder Marco Polo, der eine sehr lange Feder des Vogels gesehen haben will, die angeblich aus Madagaskar stammte. Auf Madagaskar gab es zwar zu keiner Zeit Elefanten, die vom Fabelwesen Rukh davongetragen wurden, aber es existierten dort Laufvögel, die wegen ihrer enormen Größe als Elefantenvögel (Aepyornis maximus) bezeichnet wurden. Forscher haben auf Madagaskar Spuren seines Niedergangs gefunden - und dabei Bedeutsames entdeckt. Der Aepyornis maximus brachte zwischen 250 und 440 kg auf die Waage. Im Vergleich dazu wirkt der neuseeländische Kiwi geradezu winzig. Trotz ihres extrem unterschiedlichen Aussehens beweist die Genomanalyse eine enge Verwandtschaft zwischen den beiden Laufvögeln Kiwi und Elefantenvogel. Der Befund weist darauf hin, dass die Laufvögel von einem fliegenden Ahnen abstammen! Doch die drei Meter großen Giganten starben vermutlich um 1300 n. Chr. aus. Wegen ihres schmackhaften Fleisches standen sie häufig auf dem Speiseplan der Menschen. Zudem nahmen ihnen die Brandrodungen ihren Rückzugsraum.  Die letzte Sichtung lebender Elefantenvögel stammt aus dem Jahr 1658. Aber wer weiß, ob sich nicht doch noch einige von ihnen vor den Menschen verstecken ?

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