Interview "Wir konkurrieren mit New York"

Düsseldorf · Am Montag startet eine städtische Wirtschaftsdelegation für fünf Tage nach Japan. Der Chef der Wirtschaftsförderung, Uwe Kerkmann, hofft, dass die traditionell guten Beziehungen nach Asien ausgebaut werden, und weiß um die Konkurrenz mit anderen Kommunen und Regionen und den Stellenwert in der eigenen Verwaltung.

 Wirtschaftsförderungschef Uwe Kerkmann fliegt mit OB Dirk Elbers zu Wirtschaftsgesprächen nach Japan.

Wirtschaftsförderungschef Uwe Kerkmann fliegt mit OB Dirk Elbers zu Wirtschaftsgesprächen nach Japan.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Die Wirtschaftsförderung aus Düsseldorf fliegt nach Japan. Ist das heute ein globales Geschäft?

Kerkmann Ja, eindeutig. In den 1980er-Jahren reduzierte sich Wirtschaftsförderung oft auf die Vermarktung von städtischen Liegenschaften. Diese Zeiten sind längst vorbei. Heute stärken wir mit unserer Arbeit den Standort, schaffen, oder sichern zumindest, Arbeitsplätze und versuchen, die wirtschaftliche Kraft des Standortes zu stärken.

Welches sind die wirtschaftlich attraktiven Regionen weltweit?

Kerkmann Vor allem Asien mit Japan und China und auf jeden Fall Indien, aber auch die USA, Russland und natürlich die europäischen Nachbarn.

Viele sagen, die Bestandspflege wird gegenüber dem globalen Marketing vernachlässigt?

Kerkmann Das ist nicht zu trennen. Die Anwerbung neuer Firmen ist vielleicht manchmal sichtbarer als das Tagesgeschäft der Bestandspflege. Das sind oft ganz individuelle Hilfestellungen, die wir hier erbringen. Und auch Bestandsfirmen sind Global Player, wie zum Beispiel Vodafone im Grund auch ein internationaler Investor ist. Für beide Zielgruppen sind wir gleichermaßen aktiv.

Welchen Stellenwert hat die Wirtschaftsförderung innerhalb der Stadtverwaltung?

Kerkmann Seit einiger Zeit haben wir die Verbindungen mit allen Ämtern und Abteilungen strategisch intensiviert. Das hat zur Einrichtung eines zentralen Unternehmensportals geführt. Denn es ist klar: Unternehmen brauchen bei der Stadt Düsseldorf erst einmal eine Anlaufstelle wie die Wirtschaftsförderung, die dann für die Firma innerhalb der Stadtverwaltung tätig wird. Wir entscheiden dann nicht alles, aber wir zeigen schnelle und reibungslose Entscheidungswege auf.

Damit ein Fall wie DKV, die als großer Gewerbesteuerzahler 2010 enttäuscht nach Ratingen gezogen sind, nicht noch einmal passiert?

Kerkmann Ja, sicher. So was darf einfach nicht passieren. Aber ich möchte es positiv formulieren: Damit es noch viele Zuzüge wie die vom Cemex, Mazak und GEA nach Düsseldorf gibt.

Woran hat es in der Vergangenheit gelegen, dass Unternehmen geklagt haben. Da schien vieles zu versickern und kaum ein Ansprechpartner war verantwortlich?

Kerkmann Im Rahmen einer systematisierten Kontaktpflege zu den Unternehmen optimieren wir hier gesamtstädtisch unsere Services weiter. Es hat sich mit verbesserter Kommunikation geändert. Wir haben in jedem Amt einen direkten Ansprechpartner, den wir immer kontaktieren, um Dinge zu klären. So gibt es kurze Wege und eine Verantwortlichkeit in einer Person. Jeder weiß heute, dass wir als Verwaltung Dienstleistungen anbieten und die Stadtverwaltung diesen Servicegedanken sehr ernst nimmt.

Was muss eine Stadtverwaltung für alle Investoren ganz dringend machen?

Kerkmann Sie brauchen einen One-Stop-Ansprechpartner. Und sie muss sich mehr kümmern als nur, anwerben, Vertrag abschließen und das war's. Wir müssen uns kümmern um Themen nach der Ansiedlung. Die sozialen Dinge zum Beispiel der Mitarbeiter eines ausländischen Unternehmens: Wie bekomme ich Kindergarten- oder Schulplätze? Wie helfe ich mit einem Arzt in der fremden Sprache? Wo kann man Kontakte zu Landsleuten pflegen und unterstützen? Das neu geschaffene Düsseldorfer Unternehmensportal ist da vorbildlich.

Ähnlich ist es mit der regionalen Zusammenarbeit. Die Konkurrenz der Städte in der Rhein-Ruhr-Region verhindert doch immer wieder gemeinsame Initiativen?

Kerkmann Vieles wird nicht immer für jeden erkennbar. Wir arbeiten hier mit den Städten auch auf kurzem Dienstwege bereits gut zusammen. Nur so können gemeinsame Interessen gebündelt werden.

Das scheint auch dringend nötig, denn die Fördergelder der EU gibt es nur noch für Regionen und nicht für einzelne Städte.

Kerkmann Deshalb hat der Oberbürgermeister ja auch eine Regionalkonferenz angestoßen. Dort wird es genau diese Gespräche geben. Dies ist umso wichtiger als wir in Düsseldorf in der Region weltweit ja nicht in erster Linie mit anderen deutschen Städten, wie beispielsweise Hamburg konkurrieren. Da geht es eher um die Metropolen London, Paris oder New York.

Ist das nicht etwas zu hoch gegriffen: Düsseldorf auf Höhe mit den Metropolen?

Kerkmann Wenn wir weltweit Wirtschaftsförderung betreiben und für uns werben, stehen wir nicht in erster Linie mit deutschen Städte in Konkurrenz. Wir müssen solche Nationen wie China erst einmal für Westeuropa gewinnen. Klappt das, ist Deutschland das Ziel und erst dann geht es um NRW mit die Landeshauptstadt Düsseldorf. Wir arbeiten global also erst einmal zusammen.

Am Ende aber bekommt dann doch wieder nur der die Gewerbesteuer, auf dessen Gebiet das Unternehmen ankert.

Kerkmann Deshalb brauchen wir ja regionale Gespräche für die Klärung solcher Fragen. Wir denken auch hier regional und nicht stadtscharf, denn Investitionen müssen vor allem auch volkswirtschaftlich gesehen werden. Die Ansiedlung im Umland zieht vielleicht die nächste in der Landeshauptstadt nach sich. Denn eines ist klar: Ein chinesisches Unternehmen investiert hier in eine starke Region. Das interessiert sich nicht, wo die Düsseldorfer Grenze anfängt oder aufhört.

Es hat den Anschein, dass es innerhalb der Stadt viele Umzüge und Neuansiedlungen gibt. Von außen aber kommen wenige Unternehmen nach Düsseldorf.

Kerkmann Neben den vielen internationalen Ansiedlungen kam zum Beispiel Eurowings, Mister Minit und Betty Barclay — es gibt also Zuzüge. Kanzleien, Kreative, viele Agenturen kamen ebenfalls. Es gibt also ein Zuzugplus mit hunderten von Arbeitsplätzen. Wir wollen uns in Düsseldorf bemühen, in Zukunft eine Art Hauptstadt der Headquarter zu werden. Die Zahl großflächiger gewerblich-industrieller Ansiedlung in Düsseldorf ist sicherlich rückläufig.

Flächenintensive Gewerbeansiedlungen wie beispielsweise Speditionen sind also weniger gewünscht?

Kerkmann Nein. Aber nicht an jeder Stelle in der Stadt ist es möglich, jedem Interessenten ein solches Grundstück anzubieten.

Uwe Reimann führte das Gespräch.

(RP)
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