Kinderbauernhof in Düsseldorf-Holthausen Stadt will Verkauf von Gutshof Niederheid ausschreiben

Düsseldorf · Die Rettung des Kinderbauernhofes in Niederheid verzögert sich weiter. Die Stadt Düsseldorf kann sich eine Abgabe in Erbpacht oder einen Verkauf vorstellen. Ob ein seit langem interessierter Käufer zum Zug kommt, ist unklar.

 Christina Tschorn, die den Kinderbauernhof im Gutshof Niederheid betreibt, mit Maja, die auf Pony Minitou sitzt. Das Ferienprogramm läuft wieder gut.

Christina Tschorn, die den Kinderbauernhof im Gutshof Niederheid betreibt, mit Maja, die auf Pony Minitou sitzt. Das Ferienprogramm läuft wieder gut.

Foto: Dominik Schneider

Für alle Beteiligten überraschend will die Stadt nun die Vermarktung des Gutshofs Niederheid ausschreiben. Zwei Varianten kann sich die Verwaltung vorstellen: eine – von ihr bevorzugte – Übergabe in einer bis zu 70-jährigen Erbbaupacht oder eben einen Verkauf. Am 27. August steht die entsprechende Beschlussvorlage das erste Mal auf der Tagesordnung eines Ausschusses (Wirtschaftsförderung, Tourismus und Liegenschaften). Im Anschluss daran soll sich die Politik dann noch im Ausschuss für Wohnungswesen und Modernisierung (2. September) und im Ausschuss für Planung und Stadtentwicklung (4. September) damit beschäftigen.

Die Bezirksvertretung 9, in deren Zuständigkeitsgebiet der Kinderbauernhof liegt, ist bislang außen vor. Die Stadt will ein zweistufiges Verfahren durchführen, das sich an „Privatpersonen, Investoren, Projektentwickler und Bauträger“ richtet. In einem zweiten Schritt sollen dann bis zu drei Bewerber ausgewählt werden, mit denen weiter verhandelt wird.

Bei der Lektüre der Beschlussvorlage ist Bezirksbürgermeister Karl-Heinz Graf aus allen Wolken gefallen. Sein letzter Stand von den Verhandlungen mit Günter Klomfass, dem bislang einzig ernsthaften Interessenten, der das reiterische Angebot auf dem Gutshof in seiner jetzigen Form erhalten will, war, dass die Kaufverhandlungen zwar immer wieder stockten, aber weiter liefen.

Graf hat zwei mögliche Deutungen für den neuen Weg, den die Verwaltung gehen will: Die eine sei ein höherer Verkaufspreis, die andere, dass die Verwaltung fürchten könne, dass sie von einem anderen Kaufinteressenten verklagt werden könnte, wenn keine Ausschreibung erfolgt. Auf Anfrage unserer Redaktion hieß es gestern von der Stadt, dass „sie in der Verfahrensveröffentlichung eine weitere Chance sieht, hierdurch dieses Angebot im Stadtteil aufrecht erhalten zu können“.

Über die Beteiligung der bisherigen Verhandlungspartner am Verfahren würde man sich ausdrücklich freuen, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme. Und: Man habe zahlreiche Gespräche mit potenziellen Kaufinteressenten geführt. Diese seien zwar sehr weit gediehen, jedoch konnte in einigen Punkten bislang eine Einigung noch nicht erzielt werden.

Im Januar 2016 wurde öffentlich, dass die Stadt den Verkauf des stark sanierungsbedürftigen Gutshofes prüft. Innerhalb kürzester Zeit formierte sich Widerstand. Denn auf dem Reiterhof, den Christina Tschorn betreibt, lernen Stadtkinder das Landleben kennen. Kinder mit Behinderungen werden beim therapeutischen Reiten gefördert. 2600 Unterschriften für den Erhalt der Einrichtung wurden im Februar 2016 der Stadtspitze übergeben. Mit dem Ergebnis, dass ein Käufer gesucht werden sollte, der das Angebot erhält.

In Günter Klomfass, der in Rommerskirchen mit seiner Frau seit 2009 den Neu-Hövelerhof mit einem ähnlichen Konzept betreibt, hoffte auch Karl-Heinz Graf, dass der Investor gefunden wurde, der das Angebot unter der Leitung von Christina Tschorn weiterführen will. Seit über zwei Jahren verhandeln Klomfass und Stadt inzwischen. Im Dezember wollte der Hofbesitzer schon hinschmeißen, bis sich dann Oberbürgermeister Thomas Geisel einmischte und die Verhandlungen bis zu den Sommerferien weitergingen.

Der Gutshof Niederheid in Düsseldorf
6 Bilder

Der Gutshof Niederheid in Düsseldorf

6 Bilder

In dem Ausschreibungstext erkennt Klomfass viele Passagen aus seinem Vertragsentwurf wieder. Doch über einen neuen Passus stolpert er: Neben dem Kaufpreis, den die Verwaltung zuletzt bei ihm um 800.000 Euro nach oben drücken wollte, ist der neue Eigentümer verpflichtet, den Gutshof innerhalb von vier Jahren zu sanieren. In einem 2013 erstellten Gutachten ist von Kosten in Höhe von fünf Millionen Euro die Rede.

Inzwischen dürfte das deutlich mehr sein. Hinzu kommen zwei Millionen für Nutzungsbauten, wie eine neue Reithalle. „Diese sieben Millionen Euro muss ein Investor doch erst mal erwirtschaften. Wie soll das mit einem Reitangebot funktionieren?“, fragt sich Günter Klomfass: Er hatte der Stadt zugesichert, den Hof zunächst instandzuhalten. Ob er sich bewerben wird, kann er derzeit noch nicht sagen.

Dass die Stadt über ein Auswahlverfahren weitere Investoren sucht, hat Klomfass über einen Anruf von Karl-Heinz Graf Dienstagmorgen erfahren und nicht von denen, die bislang mit ihm verhandelten. Für Christina Tschorn, die den Kinderbauernhof seit fast vier Jahren unter dem Damoklesschwert eines möglichen Verkaufs betreibt, bestätigt dieses Verfahren nur ihre Meinung. „Es ist ein echtes Armutszeugnis, wie die Verwaltung mit Menschen umgeht“, sagt sie.

Die dreifache Mutter kann die Zukunft ihres Betriebes immer noch nicht planen: „Ich würde mir gerne jemanden Zweites ins Geschäft holen, da es wirklich schwierig ist, Familie und Hof unter einen Hut zu bekommen.“ Zum anderen müssten dringend neue Pferde angeschafft werden. Aber alles das könne sie nicht, weil sie nicht wisse, ob sie bei einem Verkauf weiter auf dem Gutshof bleiben könne. Klomfass hat ihr zugesichert, dass sich bei einem Verkauf an ihn für sie nichts ändern werde. „Frau Tschorn kann dort wohnen bleiben“, sagt der Rommerskirchener. Er habe keine Ambitionen, nach Düsseldorf zu ziehen.

Ein genauer Termin für eine Abgabefrist eines Angebotes steht in der Beschlussvorlage noch nicht. Zwar schließt die Stadt in dem Auslobungstext „die Realisierung einer Wohnnutzung auf dem Kaufgrundstück über die bestehende hinaus“ aus. Und weiter heißt es: „Die Landeshauptstadt wünscht zwingend die Absicherung der aktuellen Nutzung und deren Erweiterung.“ So kann sie sich auf dem Areal eine Kita vorstellen.

Doch heißt es in dem Text an anderer Stelle auch: „Sollte sich nach Kaufvertragsabschluss innerhalb von 20 Jahren herausstellen, dass eine höherwertige Nutzung, zum Beispiel durch eine Wohn- und Bürobebauung, realisiert wird, so verpflichtet sich der Käufer, den Differenzbetrag zwischen dem heute zu zahlenden Kaufpreis und dem dann geltenden Verkehrswert zu zahlen.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort