Zentrum für politische Schönheit Aktionskünstler entschuldigen sich bei Juden

Berlin · Das Zentrum für politische Schönheit hatte in Berlin eine Säule mit der Asche von Holocaust-Opfern aufgestellt.

 Umstrittene Säule des Zentrums für politische Schönheit in Sichtweite des Reichstagsgebäudes in Berlin.

Umstrittene Säule des Zentrums für politische Schönheit in Sichtweite des Reichstagsgebäudes in Berlin.

Foto: dpa/Christophe Gateau

Die Künstlergruppe Zentrum für politische Schönheit (ZPS) hat bei einer umstrittenen Aktion in Berlin Fehler eingeräumt. In einer Stellungnahme bat die Gruppe um Entschuldigung bei der jüdischen Gemeinde.

Das ZPS hatte am Montag in Sichtweite des Bundestags und des Kanzleramts eine Säule aufgestellt, um an die Opfer des Nationalsozialismus zu erinnern. In der Säule befindet sich nach Angaben der Gruppe die Asche von ermordeten NS-Opfern, die das ZPS gesammelt haben will. Jüdische Verbände hatten die Aktionskünstler dafür massiv kritisiert. Der Zentralrat der Juden in Deutschland sah jüdische Religionsgesetze missachtet. „Sollte es sich tatsächlich um Asche von Schoa-Opfern handeln, dann wurde die Totenruhe gestört“, teilte die Organisation mit. Josef Schuster, Präsident der Zentralrats der Juden, nannte das ZPS gegenüber unserer Redaktion unseriös. Ein vereinbartes Gespräch mit dem Künstlerkollektiv sagte der Zentralrat am Dienstag ab.

Am Mittwochnachmittag dann schaltete das ZPS eine für die Aktion eingerichtete Webseite ab. Die sogenannte Gedenkstätte wurde demnach verhüllt, „um dem Eindruck der ‚Zurschaustellung’ zu begegnen“. Eine Veranstaltung am Samstagnachmittag, bei der die Säule einen festen Betonsockel erhalten sollte, wurde abgesagt. Das ZPS hatte dafür Spenden gesammelt, bis Mittwochmittag waren 98.000 Euro zusammengekommen, unter anderem durch den Verkauf von Bodenproben, die auf sterbliche Überreste getestet worden sein sollen. Auch dafür wurde die Gruppe kritisiert.

Nichts habe ihnen ferner gelegen, „als die religiösen und ethischen Gefühle von Überlebenden und Nachkommen der Getöteten zu verletzen“, teilte das ZPS mit. Insbesondere auch bei jüdischen Institutionen und Verbänden wolle man sich entschuldigen. „Wenn Menschen, auf deren Seite wir zeit unseres Lebens gekämpft haben und mit denen uns tiefe Sympathie verbindet, gegen uns Position beziehen, dann zeigt das, dass wir Fehler gemacht haben.“

Das ZPS ist für aufsehenerregende Aktionen bekannt. Vor zwei Jahren errichtete es in direkter Nachbarschaft zum Wohnhaus des AfD-Politikers Björn Höcke eine Kopie des Berliner Holocaust-Mahnmals – Höcke hatte das Mahnmal zuvor als „Denkmal der Schande“ bezeichnet. Vergangenes Jahr richtete das ZPS eine Online-Plattform ein, um nach Teilnehmern der rechtsextremen Ausschreitungen von Chemnitz im Sommer 2018 zu fahnden.

Mit ihrer Gedenkstätte in Berlin wollte das ZPS jetzt nach eigenen Angaben „auf die Verantwortung der Nachwelt hinweisen, die identifizierten Massengräber wenigstens als solche zu deklarieren, zu markieren und zu schützen“. Zudem sollte die Aktion Bundestagsabgeordnete von CDU und CSU mahnen, sich nicht auf eine Zusammenarbeit mit der AfD einzulassen.

Deshalb wählte man als Ort für die „Gedenkstätte“ das Gelände der ehemaligen Krolloper. Dort stimmten die Reichstagsabgeordneten im März 1933 für das Ermächtigungsgesetz, eine wichtige Grundlage für die Diktatur der Nationalsozialisten. Wegen der Debatte um den Umgang des ZPS mit den sterblichen Überresten ermordeter Juden hatte von den Anliegen der Gruppe jedoch kaum jemand Notiz genommen. Das räumte nun auch das ZPS ein.

Wie wenig Gedanken sich die Gruppe vorab über die Konsequenzen der Aktion gemacht hat, zeigt ein Zusatz, den das ZPS nachträglich seiner Stellungnahme hinzufügte. In der öffentlichen Debatte sei der sofortige Abbau der „Gedenkstätte“ gefordert worden, nur frage man sich, wohin mit dem Inhalt der Säule, schrieb das ZPS. „Zurück in den Wald, in das Versteck, das deutsche Nazischergen vor 75 Jahren ausgewählt haben? Auf einen jüdischen Friedhof, vielleicht in Berlin?“ Auf diese Fragen, so das ZPS, habe man keine Antworten.

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