NRW-Gesundheitsminister Laumann „Gesundheitsämter sollten nicht mehr so hingucken“

Düsseldorf · NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann rät den Gesundheitsämtern bei der Diskussionsrunde „Düsseldorf In – Ärzte im Gespräch“ zu Großzügigkeit bei der Kontrolle der Impfpflicht. Eine Maskenpflicht in Innenräumen lehnt er ab.

 NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann  im Gespräch mit Antje Höning, Wirtschaftsressortleiterin der RP, bei „Düsseldorf In -– Ärzte im Gespräch“ im Areal Böhler.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann im Gespräch mit Antje Höning, Wirtschaftsressortleiterin der RP, bei „Düsseldorf In -– Ärzte im Gespräch“ im Areal Böhler.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hat sich klar gegen Verschärfungen der Corona-Maßnahmen ausgesprochen. Beim „Düsseldorf In – Ärzte im Gespräch“, einer Veranstaltung der Rheinischen Post im Düsseldorfer Areal Böhler, sagte er: „Wir haben zurzeit eine äußerst entspannte Situation.“ Die einzig verbliebene Maßnahme sei ohnehin die Maskenpflicht im ÖPNV. „Ich sehe nicht, dass wir Masken in Innenräumen bräuchten.“ Er könne solche Maßnahmen auch gar nicht anordnen, da weder eine Überlastung des Krankenhaus-Systems drohe, noch der Präsenzunterricht in den Schulen gefährdet sei. 

Der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, Frank Bergmann, ging weiter: „Die Maskenpflicht muss auslaufen. Das, was wir veranstalten, ist nicht mehr vermittelbar.“ Es sei niemandem zu erklären, dass man im ICE eine FFP2-Maske länger tragen müsse, als es sogar der Arbeitsschutz zulasse, im ÖPNV dann nur eine OP-Maske und im Flieger überhaupt keine.

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Es sei richtig, die staatlichen Impfstellen zum Jahresende einzustellen und das Impfen dem Regelsystem, also den Arztpraxen, zu überlassen, sagte Minister Laumann. Damit man aber einen Überblick etwa über die Durchimpfung in Kliniken und Pflegeeinrichtungen behalte, solle bis Ostern weiter je eine Stelle pro 100.000 Einwohner im Gesundheitsamt finanziert werden. Diese Kräfte könnten im Notfall für mobile Impfaktionen aktiviert werden, sagte der Minister.

Laumann wollte nicht so weit gehen und die Pandemie wie US-Präsident Joe Biden für beendet erklären. Der Chef der Krankenhausgesellschaft, Ingo Morell, sagte zudem, dass in den Kliniken und Praxen immer noch viele Menschen erkrankten oder in Quarantäne seien. „Und das hemmt den ganzen Ablauf.“ Die Not etwa in den zentralen Notaufnahmen, aber auch in den Praxen sei groß. „Im Moment bekommen wir alles geregelt, aber die Situation ist ziemlich angespannt.“

Angesprochen auf die Impfpflicht für das Personal in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sagte Laumann, er rechne nicht mit einer Verlängerung über das Jahresende hinaus: „Ich sehe nicht, wie die Ampel sich auf eine Impfpflicht einigen soll. Ich würde auch sagen: Ein kluges Gesundheitsamt sollte im November auch nicht mehr so hingucken.“

Laumann warb insgesamt für eine stärkere Eigenverantwortlichkeit. „Wir haben den 11.11. vor der Brust.“ Die Feiernden haben aber keine Einschränkungen vom Land zu befürchten. Er habe auch nicht in Westfalen die Schützenfeste verhindert, so der Minister. „Die Leute in den münsterländischen Dörfern haben gefeiert, als gäbe es kein Morgen mehr“, sagte er schmunzelnd. „Das muss jeder mit sich selber ausmachen.“ Das Oktoberfest in München habe zwar für hohe Infektionszahlen gesorgt, diese seien aber sechs Tage später auch wieder genauso stark nach unten gegangen.

Launig wurde es bei der Frage nach der von Laumann forcierten neuen Krankenhausplanung. Es gehe nicht darum, Häuser zu schließen, aber man müsse Antworten darauf finden, wie man insbesondere mit dem Fachkräftemangel umgehe. Deswegen sei eine Spezialisierung der Häuser nötig. Derzeit verhandeln die Krankenkassen mit den Krankenhäusern, wer künftig noch welche Leistung anböte. Das werde auch zu Konflikten führen, die dann entweder von den Bezirksregierungen oder am Ende vom Minister selbst entschieden würden. „Ich hoffe, dass die Angst davor, dass ich entscheide, dazu führt, dass man sich in den Regionen einigt“, sagte Laumann lachend. Krankenhaus-Vertreter Morell unterstrich, dass über die Verteilung vor Ort entschieden werden müsse: „Wenn wir die Vielfältigkeit bei uns in der Region sehen, kann ich mir nicht vorstellen, dass das wirklich aus Berlin heraus vernünftig geplant würde.“

Um mehr Effizienz ging es zudem bei der Frage nach der Digitalisierung in den Arztpraxen. Es sei skandalös, sagte KV-Chef Bergmann, dass die Industrie über Jahre beste Gewinne gemacht, aber nicht geliefert hätte. „Die Ärzte sind ja per se nicht digitalisierungsfeindlich. Die arbeiten alle papierlos.“ Man stehe vor einem Trümmerhaufen. Laumann fügte bissig hinzu: „Ich bin seit 50 Jahren Krankenkassenmitglied und die einzige Innovation bei meiner Versicherungskarte ist das Foto darauf.“ Dass man sich auch heute noch ein Rezept in der Arztpraxis persönlich abholen müsse, passe im Übrigen nicht mehr in die Zeit.

Einigkeit herrschte auch über die geplante Freigabe von Cannabis. Bergmann, Neurologe und Psychiater, lehnte diese klar ab. Auch Laumann sprach sich dagegen aus, fügte aber hinzu, dass man das beim Koalitionspartner anders sehe. Deshalb werde man sich darüber verständigen müssen, wie man im Bundesrat abstimmen werde.

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