Thema Stärkungspaket Innenstadt Eklat in Krefeld: Mammutsitzung abgebrochen – Ruf nach Ablösung von Ordnungsdezernent Cyprian

Krefeld · Faustdicke Überraschung: Weil die Verwaltung entscheidende Unterlagen zur Beratung nicht vorlegen konnte, wurde die Mammutsitzung von drei Ausschüssen zum Thema Stärkungspaket Innenstadt abgebrochen. Nach der Sitzung gab es den Ruf nach Ablösung von Ordnungsdezernent Cyprian.

Zog sich den Unmut der Mitglieder von drei Ausschüssen zu: Ordnungsdezernent Ulrich Cyprian.

Zog sich den Unmut der Mitglieder von drei Ausschüssen zu: Ordnungsdezernent Ulrich Cyprian.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Das hat es nach der Erinnerung der anwesenden Ratsmitglieder noch nicht gegeben: Nach kurzem heftigen Disput ist am Mittwochabend die Mammutsitzung von Verwaltungs-, Planungs- und Sozialausschuss abgebrochen worden. Grund: Thema der Sitzung sollten ordnungspolitische Maßnahmen zur Durchsetzung schärferer Bettel- und Alkoholverbote sein. Doch der zuständige Ordnungsdezernent Ulrich Cyprian musste zu Beginn der Sitzung einräumen, dass es nicht gelungen sei, pünktlich zur Sitzung juristisch belastbare Unterlagen vorzulegen; in Absprache mit den beteiligten Experten, unter anderem ein auf solche Dinge spezialisiertes Anwaltsbüro, habe er darauf verzichtet, entsprechende Vorlagen zu erstellen. Er kündigte an, nun bis zur Ratssitzung am 7. Dezember die Unterlagen nachzureichen.

Cyprian zog sich damit den geballten Unmut der Ausschusspolitiker zu. „Ich hoffe, Sie sind sich bewusst, welches Desaster Sie gerade angerichtet haben“, sagte der SPD-Politiker Hans Butzen, der als Vorsitzender des Verwaltungsausschusses die Dreifachsitzung leitete. Er forderte nach der Sitzung die Ablösung von Cyprian als Ordnungsdezernent. SPD-Ratsfrau Stella Rütten sprach von einem „unschönen Moment“ und sagte an die Adresse von Cyprian, das sei „wirklich Scheiße, wenn man das so sagen darf“.

CDU-Ratsherr Timo Kühn stellte schließlich den Antrag, die Sitzung abzubrechen. Wenn wichtige Informationen wie rechtliche Gutachten fehlten, mache eine Beratung keinen Sinn, argumentierte er.

Hans Butzen versuchte noch, die Sitzung zu retten, und plädierte dafür, wenigstens über den Tagesordnungspunkt zu reden, zu dem es Unterlagen gab, über den man also hätte beraten und abstimmen können. Stella Rütten stützte den Wunsch, doch pochten die Antragsteller erbost darauf, den gerade gestellten Antrag auf Abbruch nun auch vorschriftsgemäß abzustimmen. Der Antrag fand schließlich in allen drei Ausschüssen eine Mehrheit.

Juristischer Hintergrund für den Eklat: Cyprian will über eine sogenannte Allgemeinverfügung das Bettel- und insbesondere das Alkoholverbot in der Innenstadt verschärfen. Bislang gilt nur eine „Ordnungsbehördliche Ordnungsverfügung“, die nicht ganz so scharfe Instrumente zur Ahndung von Vergehen bereithält wie die Allgemeinverfügung. Mit ihr können Verstöße sofort geahndet werden – bis hin zur Beschlagnahmung von Alkoholflaschen oder Bettelerträgen. Das Problem: Bislang sind alle solche Versuche, insbesondere ein schärferes Alkoholverbot durchzusetzen, von den Verwaltungsgerichten kassiert worden. Nur in Viersen ist es Cyprian zufolge gelungen, eine Allgemeinverfügung durchzubringen. Vor diesem Hintergrund wollte Cyprian seinen Entwurf sorgfältig vorbereitet wissen. Auch mit den Juristen im Boot sah er sich dann außerstande, pünktlich zur Sitzung entsprechende Entwürfe vorzulegen.

CDU-Ratsfrau Britta Oellers sah nicht nur Cyprian in der Verantwortung für diese Panne; die ganze Verwaltung hätte im Team abschätzen können müssen, dass der Termin bei dieser schwierigen Thematik nicht zu halten sei. Sie warf der Verwaltung auch schlechte und hektische Vorbereitung der Sitzung vor: So seien bei der Terminierung der Sitzung nicht einmal alle Ausschussvorsitzenden angefragt worden. Für die CDU forderte Timo Kühn, dass nun die Verwaltungsspitze mit einer verwaltungsintern abgestimmten, vollständigen Vorlage in eine solche Sitzung gehe. „Insgesamt erwarten wir hier Qualität vor Schnelligkeit.“

Ob es nun dazu kommt, ist auch politisch wieder fraglich. FDP-Fraktionschef Joachim Heitmann plädierte dafür, interfraktionell zu klären, ob man wirklich den juristisch überaus schwierigen Weg einer Allgemeinverfügung noch gehen wolle oder ob man nicht bei der bestehenden Ordnungsbehördlichen Ordnungsverfügung bleiben solle. Hintergrund: In dieser Ordnungsverfügung sind durchaus Verbote formuliert – die Stadt hat aber ein Durchsetzungsproblem. Ein Ansatz wäre die Aufstockung des Kommunalen Ordnungsdienstes, um über seine Präsenz Trinker von Plätzen und Straßen zu verdrängen. Die Skepsis gegenüber dem Weg einer Allgemeinverfügung teilen vor allem die Grünen.

Im Nachgang zu der Sitzung blieben viele Ausschusspolitiker und Verwaltungsmitarbeiter in Grüppchen beieinander und diskutierten die Sitzung. Auch der an diesem Abend viel gescholtene, sichtlich angeschlagene und zerknirschte Ordnungsdezernent Ulrich Cyprian war im Gespräch mit FDP-Fraktionschef Heitmann vertieft. Cyprian bekräftigte im Nachgang zur Sitzung, er habe angesichts der schwierigen juristischen Lage keine andere Möglichkeit gesehen als die Verschiebung des Themas auf die Ratssitzung Anfang Dezember.

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