Landtagswahl in NRW Wie sich das ZDF am Wahlabend blamierte

Nordrhein-Westfalen hat gewählt und natürlich stehen die großen Fernsehsender an einem Tag, an dem mehr als 13 Millionen Menschen in Deutschland zum Urnengang aufgerufen sind, im Fokus. Es war ein TV-Abend mit Höhen und Tiefen.

Presse zur NRW-Wahl: "Sechs, setzen!"
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Foto: ddp

An Wahlabenden zeigen TV-Sender gerne, was sie zu leisten in der Lage sind. Eine außerordentlich großartige Präsentation ihres Könnens lieferten vergangene Woche die BBC und der private Nachrichtensender Sky News in Großbritannien ab, als sie nicht nur mit aufwändigen Schalten und 3D-Animationen die Ergebnisse des Abends präsentierten, sondern mit großen Lichtshows die Wahl vor öffentlichen Gebäuden inszenierten.

Und wenn in Deutschlands größtem Bundesland gewählt wird, stehen die TV-Journalisten natürlich unter besonderer Beobachtung. Mehr als 1300 Journalisten aus aller Welt hatten sich für den Wahlabend im Düsseldorfer Landtag akkreditiert und berichteten vor Ort. Schon früh startete der Infokanal "Phoenix" in die Berichterstattung, der "WDR" mit eigenem Landesstudio ging ab 17.30 Uhr auf Sendung, ARD und ZDF berichteten in bewährter Manier. Nur beim Personal wurde diesmal ein bisschen durchgemischt. Das ZDF ging mit Bettina Schausten und Theo Koll ins Rennen, während die ARD ihrem Chefredakteur Jörg Schönenborn bei seinem Heimspiel Frank Plasberg an die Seite stellte.

Eine gute Entscheidung, wie sich schnell herausstellte. Schönenborn übernahm in bewährter Manier die Interpretation der Zahlen und Umfragen, Frank Plasberg ließ die ARD auf die Spitzenkandidaten los. Als der CDU-Generalsekretär Andreas Krautscheid in der "Tagesschau" auf die Frage, ob Jürgen Rüttgers denn seinen Rücktritt angeboten habe, herumeiert und ausweicht, konfrontiert er diesen in alter "Hart-aber-Fair"-Manier mit der Aussage des CDU-Politikers Elmar Brok. Zwar vermeidet Krautscheid auch dann das Wort "Rücktritt", allerdings wird dem Zuschauer ziemlich klar, wie ernst die Situation um den amtierenden Ministerpräsidenten steht, der kurz zuvor alle weiteren Interviewtermine abgesagt hatte. Einzig trauriger Moment in der Berichterstattung im Ersten: Als um kurz nach 19 Uhr eigentlich noch alles offen war, schaltete das Erste in gewohnter Manier hinüber zur Lindenstraße.

Hintergründig präsentierte sich der WDR, der bis 23 Uhr durchgängig Interviews führte, Hintergründe lieferte und die neuesten Hochrechnungen analysierte. Erst um 23 Uhr verabschiedete er sich für eine Stunde aus dem laufenden Programm, um "Zimmer frei" auszustrahlen. Zugute halten kann man dem Sender, dass er sich danach wenigstens noch einmal zurückmeldete, um über den neuesten Stand zu berichten. Und immerhin: Die um 0.04 Uhr präsentierte Hochrechnung entsprach bereits dem vorläufigen, amtlichen Endergebnis von 2.20 Uhr.

Blamabel war das, was sich das ZDF am Ende des Wahlabends erlaubte. Um 23.46 Uhr aktualisierte die Forschungsgruppe Wahlen noch einmal seine Hochrechnung und blieb bis zum vorläufigen amtlichen Endergebnis dabei, dass die SPD mit 34,6 Prozent vor der CDU mit 34,5 Prozent liegt. Zu diesem Zeitpunkt hätte das ZDF bereits bemerken können, dass diese Hochrechnung aufgrund der ausgezählten Wahlkreise nicht mehr plausibel zu vertreten war.

Aufgefallen war das bereits ein paar Internetnutzern, die sich bei dem Kurznachrichtendienst Twitter einigermaßen spöttisch über das ZDF zeigten. "Kann es sein, dass @popkulturjunkie das ZDF gerade gerade die Forschungsgruppe Wahlen in Grund und Boden rechnet?", fragte beispielsweise der Düsseldorfer Journalist Mario Sixtus, indem er auf die Rechenleistungen seines Kollegen Jens Schröder verwies. Der hatte bereits kurz nach der neuesten ZDF-Hochrechnung um kurz vor zwölf per Excel-Tabelle das korrekte Ergebnis von SPD und CDU errechnet.

Das ZDF reagierte bis zur Bekanntgabe des vorläufigen offiziellen Endergebnisses übrigens nicht. Bei Twittter wussten die Newsjunkies zu diesem Zeitpunkt dann ohnehin Bescheid. Obwohl keiner der TV-Sender mehr aktuell berichtete.

(fb)
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