Machtspiel um die Staatskanzlei Wer mit wem in NRW koalieren kann

Auch am ersten Tag nach der Wahl in NRW ist die Frage der künftigen Koalition völlig offen. CDU und SPD beanspruchen aufgrund des knappen Ergebnisses die Staatskanzlei für sich. Am Montag wurde dann doch erste Fühlung aufgenommen. Und eine Option, die bisher unmöglich erschien, könnte nun denkbar sein: die Ampel

Presse zur NRW-Wahl: "Sechs, setzen!"
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Foto: ddp

Hannelore Kraft kündigte nach einem Treffen der SPD-Landesvorstands, sie werde mit allen Parteien Gespräche führen. Als erstes werde sie mit den Grünen verhandeln. Den Grünen rät Kraft zudem auch mit der FDP Fühlung aufzunehmen. Beide Parteien sollen gemeinsam Chancen für eine Zusammenarbeit ausloten.

An der Ausgangslage hat sich freilich nichts geändert. CDU und SPD sind beide mit 67 Stimmen im kommenden Landtag vertreten. Für eine Koalition mit den Grünen fehlt beiden Parteien genau eine Stimme zur Mehrheit. Neben der Großen Koalition wären eine schwarze Ampel, eine rote Ampel sowie ein Bündnis aus SPD, Grünen und der Linkspartei denkbar.

Die Möglichkeiten im Einzelnen:

Große Koalition Schwarz-Rot: Für viele Beobachter am Wahlabend noch die wahrscheinlichste Variante. Am Sonntagabend wurde erwartet, dass Ministerpräsident Jürgen Rüttgers sein Amt aufgibt und den Weg für einen Nachfolger freimacht. Für diesen Posten wurde Minister Armin Laschet (CDU) gehandelt. Der Rückzug Rüttgers hätte der SPD die Möglichkeit gegeben, ihr Gesicht zu wahren. Derzeit spricht jedoch einiges dafür, dass Rüttgers doch weitermachen will. Für die SPD derzeit nicht hinnehmbar. Die Genossen versuchen weiterhin verbissen, Hannelore Kraft zur Landesfürstin zu machen. Schwarz-Rot in NRW? Derzeit herrscht Stillstand.

Große Koalition Rot-Schwarz: Die Traumkonstellation der Genossen an Rhein und Ruhr. Eine stabile Mehrheit ohne die ungeliebte Linkspartei würde alle Probleme der SPD lösen. Ihr Argument: Die CDU hat zwar mehr Stimmen als die SPD, im Landtag sind beide Fraktionen jedoch gleich groß. Da die CDU die größten Verluste hinnehmen musste, soll sie auf das Amt des Ministerpräsidenten verzichten. Aber die CDU stellte am Montag schnell klar: Die Partei mit den meisten Stimmen würde in einer Großen Koalition den Ministerpräsidenten stellen. Rot Schwarz scheint keine Option mehr zu sein.

Rot-Rot-Grün: Lässt sich Hannelore Kraft mit den Stimmen einer Partei wählen, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird? Während sich die Grünen für ein Linksbündnis offen zeigen, haben Teile der SPD Bauchschmerzen. Zwar verhält sich Kraft seit Monaten deutlich intelligenter als einstmals Andrea Ypsilanti in Hessen, so dass man der Mülheimerin keinen Wahlbetrug vorwerfen kann. Dennoch betonte Kraft auch am Wahlabend, dass sie die Linke im Prinzip nicht für regierungsfähig halte. Schon rot-rot-grüne Verhandlungen erscheinen da als Risiko. Jetzt soll der Landesverband entscheiden. Die Linkspartei signalisierte bereits früh, für Rot-Rot-Grün bereit zu sein. Also: Rot-Rot-Grün ist eine wahrscheinliche Lösung.

Die Ampel mit SPD, FDP und Grünen: Die FDP ist offenbar von ihrem Mantra "CDU oder Opposition" abgekommen. FDP-Chef Guido Westerwelle erklärte in Berlin, er halte Gespräche mit anderen Parteien für möglich. Entscheiden solle dies der Landesverband, dem er voll vertraue. Nun hofft die SPD, bei den Liberalen habe tatsächlich ein Gesinnungswandel eingesetzt. Aber: Grüne und FDP beharkten sich Wahlkampf massiv. In Energie- und Umweltpolitik trennen beide Lager Welten. Zudem müssten die Liberalen fürchten, als mit Abstand kleinste Partei in der Ampel marginalisiert zu werden. Also: Bevor überhaupt über eine Ampel verhandelt werden kann, müssen riesige Steine aus dem Weg geräumt werden.

Die Schwampel mit CDU, FDP und Grünen: Für die CDU eine elegante Lösung an die fehlenden Stimmen zur Mehrheit zu kommen. Zumal die Beziehungen zu den Grünen im Land als gut gelten. Beide Parteien hatten bereits im Wahlkampf kurzzeitig miteinander geflirtet. Die Grünen werden sich aber hüten, als Steigbügelhalter einer abgewählten Koalition einzuspringen. Wie in der Ampel stört indes das Verhältnis zur FDP. Fazit: Die Schwampel erscheint derzeit unwahrscheinlicher als die Ampel oder Rot-Rot-grün.

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