Kriminalität von rechts Grüne fordern Strategie gegen Verschwörungsmythen für NRW
Düsseldorf · Die Grünen sehen rechte Strömungen in Corona-Leugner-Kreisen und eine zunehmende Radikalisierung. Statistisch gab es in NRW 2021 weniger rechte Straftaten und rechte Gewalt als im Vorjahr. Für einen statistischen Ausreißer sorgt das Städtchen Meckenheim.
Es gibt laut Statistik einen Rückgang bei rechter Gewalt und anderen Straftaten der rechten Szene. Aber ganz so klar ist das Bild nicht. Zumindest nicht aus Sicht der Grünen, die die Zahlen zu den Delikten vom Landesinnenministerium angefordert haben.
Sie vermuten, dass es neue Täter-Typen gibt, die dem rechten Spektrum zuzuordnen sind, aber von den Sicherheitsbehörden noch nicht erkannt werden. Bislang würden die meisten Delikte aus dem Umfeld von Corona-Leugnern und -Verschwörungsideologen nicht als „rechts“ gewertet. „Wir wissen aber, dass es da große Überschneidungen gibt“, sagt Verena Schäffer, Fraktionschefin der Grünen im Landtag.
Nach den Zahlen des Innenministeriums gab es in 2021 insgesamt 3134 „rechte“ Straftaten in NRW, von Volksverhetzung über Sachbeschädigung oder Bedrohung bis zu körperlicher Gewalt gegen Menschen. Das waren 249 Fälle weniger als im Vorjahr. Rechte Gewalttaten waren meist Körperverletzungen aufgrund von fremdenfeindlichen Motiven. Auch dabei gab es einen Rückgang auf 121 Fälle, das waren 21 weniger als im Vorjahr.
Rechts motivierte Straftaten, die sich direkt gegen den Staat an sich richten, werden derzeit häufiger. Im Jahr 2019 wurden 600 solcher Delikte gezählt, 2020 waren es 670 und im vergangenen Jahr schließlich 877 Fälle. „Da sehen wir einen deutlichen Zusammenhang mit den Corona-Demonstrationen“, stellt Verena Schäffer fest. „Wir befürchten, dass es eine weitere Radikalisierung in dieser Gruppe geben wird – auch über die Pandemie hinaus.“
Die Grünen fordern, dass mehr Zeit, Geld und Personal eingesetzt werden, um die Kommunikation einschlägiger Gruppen in sozialen Netzwerken in im Auge zu behalten. Die „Analysefähigkeit“ der Sicherheitsbehörden müsse besser werden. Um mutmaßliche islamistische Gefährder besser einzuschätzen, verfügen Behörden über softwaregestützte Methoden. Für den Bereich des Rechtsextremismus sei so ein System noch nicht da.
Es brauche eine Gesamtstrategie gegen Verschwörungsmythen – mit Prävention, Aufklärung und Beratungsangeboten für Angehörige. Und Verena Schäffer fordert: „Wir brauchen mehr Forschung in NRW.“
Einen deutlichen Rückgang gab es laut Statistik bei Taten die sich gezielt gegen Geflüchtete richteten: 130 Delikte wurden 2021 gezählt, 2020 waren es 284 gewesen. Somit sei man in diesem Bereich auf dem Niveau von vor 2014. Von da an bis 2017 hatte es nämlich einen heftigen Anstieg gegeben: „Wir hatten die höchsten Zahlen im Jahr 2016“, resümiert Verena Schäffer. „Es hat eine Radikalisierung auch in der Mitte der Gesellschaft gegeben.“
Antisemitische Straftaten wiederum werden häufiger. 2021 gab es 437 Fälle in NRW, das waren 161 mehr als im Vorjahr. Für einen statistischen Ausreißer sorgt dabei das Städtchen Meckenheim, dem das Zahlenwerk 59 Taten zuschreibt – mehr als jeder Großstadt.
Das habe aber „nahezu vollständig einen statistischen Hintergrund“, erklärt die Polizei. Es gibt in Meckenheim eine Außenstelle des Bundeskriminalamtes mit einem Teil der Staatsschutz-Abteilung. Bei Straftaten im Internet, also beispielsweise Hassreden, bei denen keine Tatverdächtigen ausgemacht werden, wird mangels anderer Möglichkeiten der „Feststellungsort“ als Tatort aufgeführt. „Deshalb werden antisemitische Straftaten im Internet mit unbekannten Tatverdächtigen, die durch das Bundeskriminalamt dort im Rahmen der Internetauswertung 2021 festgestellt und erfasst wurden, rein statistisch der Stadt Meckenheim zugerechnet“, heißt es. „Tatsächlich hat die Bonner Polizei im vergangenen Jahr in Meckenheim ein Ermittlungsverfahren wegen einer antisemitischen Straftat geführt.“