Kreative Köpfe gesucht In der Werbung geht es nicht ohne Talent

München · Die Arbeit in der Werbebranche ist nichts für Theoretiker. Wer dort einen Job haben will, sollte früh Praxiserfahrung sammeln. Das Studienfach ist dann zweitrangig. Ganz ohne Studium geht es aber kaum noch. Der Quereinsteiger ist in der Branche ein Auslaufmodell.

Kreative Köpfe gesucht: In der Werbung geht es nicht ohne Talent
Foto: dpa, kj

Bunt ist sie, die Welt der Werbetreibenden, bunt und schillernd. So jedenfalls stellen sich viele die Branche vor, dieam Fließband Geistesblitze, einprägsame Slogans und coole Bilder zu produzieren scheint. Mit Dutzenden Werbebotschaftenwird der Mensch jeden Tag konfrontiert. Da ist es harte Arbeit für Werbefachleute, mitKampagnen aufzufallen. "Man muss in das Geschäft hineinwachsen", sagt Prof. Sebastian Hackelsperger. Er unterrichtetan der Hochschule Pforzheim VisuelleKommunikation und istMitinhaber der Agentur Perger und Berger in München.

Wichtig sei vor allem, Praxiserfahrung zu sammeln. Ein gewisses Talent sollten Schulabgänger allerdings mitbringen, wenn siein die Branche wollen. "Die Technik und das Handwerk kann man lernen", sagtder 40-Jährige. Dass ein Mitarbeiter in einer Werbeagentur die Software-Programme beherrscht, die zu seiner täglichen Arbeit gehören, sei eine Selbstverständlichkeit. "Aber wir sind eine visuelle Branche. Da ist es gut, wenn man in einem Meeting mit einem Kunden schnell eine Zeichnung von Hand anfertigen kann, um seine Idee zu zeigen."

"Talent braucht man, sonst wird man gar nicht zugelassen", betont auch Christian Schmachtenberg. Er ist zuständig für den BereichForschung und Lehre im Art Directors Club Deutschland. Das gilt vor allem für die Fach- und Kunsthochschulen, an denen zum Beispiel Produkt-, Kommunikations- oder Mediendesign gelehrt wird. Dort brauchen Bewerbereine Mappe, wenn siesich bei einer Hochschule füreinen Studienplatz vorstellen. "Diese Mappe wird auch weiter die persönliche Visitenkarte bleiben", erklärtHackelsperger. In ihr sammelt jeder Kreative seine besten Arbeiten und legt sie bei der Bewerbung um ein Praktikum oder einen Job vor.

Allerdings gehörtnicht jeder Mitarbeiter einer Werbeagentur zu den Kreativteams. "Es gibt von Kundenberatern über Designern und Softwarenentwicklern bis hin zum Social Community Manager viele verschiedene Berufe", erläutertJulia von Winterfeldt. Sie ist Vorstandsmitglied im Gesamtverband Kommunikationsagenturen (GWA) und Geschäftsführerin der Digitalagentur AKQA in Berlin. Die größeren Agenturen hätten Fachabteilungen wie Kundenberatung, Strategie, Kreation oder Projektmanagement. Im Zuge der Digitalisierung gehört immer öfter auch eine Technologieabteilung dazu.

Richtig seidie Branche für alle, diegernein interdisziplinären Teams Strategien entwickeln, um die Markenkommunikation von Unternehmen voranzutreiben, sagt von Winterfeldt. Vor allem brauchees Flexibilität im Denken, betontHackelsperger. "Man darf das innere Kind nicht verlieren, muss immer mal Blödsinn machen und gegen den Strom schwimmen." Schließlich braucht es Empathie, um sich auf neue Kunden und deren Bedürfnisse einzustellen undWerbung für die unterschiedlichsten Produkte machen zu können. "Das kann heute für einen Automobilhersteller sein und in der nächsten Wochefür eine Kosmetikmarke", erläutertvon Winterfeldt.

Die Experten raten jungen Leuten, sich bereits vor dem Studium oder in den Schulferien um einen Praktikumsplatz zu bemühen. Von Winterfeldt empfiehlt, sich mit Menschenzu unterhalten, die bereits in der Branche arbeiten, um mehr über deren Berufsweg herauszufinden. "Ebenso kann ein Gespräch mit Dozenten und Studierenden von relevanten Studiengängen oder Ausbildungen helfen, einen besseren Überblick zu bekommen."

Neben den verschiedenen Design-Studiengängen kann beispielsweise Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Marketing oder Werbung in die Branche führen. Klassische Ausbildungsberufe sind die zum Kommunikationskaufmann, der früher Werbekaufmann hieß, oder zum Mediengestalter.

Eines haben junge Leute ihren älteren Kollegen voraus: "Sie sind mit Computer und Internet aufgewachsen und gehen ganz selbstverständlich damit um", sagt Hackelsperger. Längst gebe es Werbung nicht mehr nur als Spot im Fernsehen oder als Anzeige in einer Zeitschrift. Sie ist auch aufWebseiten und in sozialen Netzwerken zu finden."Hier sind viele neue spannende Berufsfelder entstanden: Agenturen brauchen Digitalexperten, Interfacedesigner und Programmierer."

Quereinsteiger, die es vor Jahren noch häufig in der Agenturwelt gab, sind heute eher die Ausnahme, sagt Hackelsperger. "Der Agenturnachwuchs hat heute meist eine fundierte Ausbildung und überwiegend einen Master- oder Bachelorabschluss", sagt von Winterfeldt. Dabei müssen Schulabgänger nicht unbedingt Marketing oder Design studiert haben. "Wichtig ist es, Erfahrungen gesammelt zu haben und sich zu spezialisieren." Wer Neugier, Leidenschaft für Gestaltung sowie zukunftsweisende Technologien mitbringt, habe gute Chancen auf einen Job in der Werbung.

Hackelsperger rät, sich die Hochschulen sehr genau anzuschauen und nach dem Ruf auszuwählen.Wer danach in eine große Werbeagentur gehen will, muss sich inRichtung Hamburg, Berlin, Köln oder München orientieren. Denn dort sitzen die Marktführer. "Auch wenn man am Anfang in einer großen Agentur nicht so viel verdient, sollte man das als persönliche Investition sehen, denn man lernt sehr viel", rät er. Daneben knüpfe sich ein Netzwerk bei großen Arbeitgebern gerade am Beginn der Karriere einfacher.

Wer sich bei einer derinternational agierenden Agenturen bewirbt, sollte außerdemgutes Englisch und Auslandserfahrung mitbringen. Vieles hänge dann vom Zufall ab, sagt Sebastian Hackelsperger. "Wo man landet und seinen Traumjob findet, kann man nicht planen. Das ergibt sich."

(dpa)
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