Film-Kritik Der Rote Kakadu: Tanz den Walter Ullbricht

Dresden, 1961: In der Tanzbar "Roter Kakadu" steppt der Bär, beziehungsweise tanzen die Jugendlichen Rock'n Roll. Auch die junge Dichterin Luise (Jessica Schwarz), ihr Mann Wolle (Ronald Zehrfeld) und der angehende Bühnenbildner Siggi (Max Riemelt) sind ausgelassen. Doch bald schon nimmt die Stasi sie ins Visier, denn vier Monate vor Mauerbau ist es nicht ohne Gefahr, die Musik des "Klassenfeindes" zu hören....

Der rote Kakadu
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Foto: X Filme

So kreuzen sich in Dominik Grafs Film Liebes- und Zeitgeschichte. Luise und Wolle sind ein seltsames Paar. Luise schreibt Gedichte und ist überzeugte Sozialistin, die nicht "wegen Sarotti-Schokolade rübermachen" will. Sie glaubt an ihr Land als den besseren Staat, nur "die alten Knochen" müssen weg. Und sie hängt an Wolle, obwohl dieser sich kein Stück für ihre Schreiberei interessiert und sie weiß, dass seine Abende häufig in den Betten anderer Frauen enden.

Der 20-jährige Siggi bemüht sich derweil mit allen Mitteln, Luise für sich zu gewinnen: Er versilbert Meissener Porzellanfigürchen seiner Tante, fährt nach Westberlin und organisiert Luise ein Autogramm von ihrem Idol Heinrich Böll. Er lässt ihre Gedichte drucken und binden und erfüllt seiner Angebetenen damit einen Herzenswunsch. Doch er bringt Luise, deren Gedichte als "dekadent" gelten, und die lebenslustige Clique damit in größte Gefahr.

Denn es gibt einen Spitzel im "Roten Kakadu" - und erst wird Wolle verhaftet und verprügelt, dann Luise, schließlich wird der ganzen Clique wegen Gefährdung der Staatssicherheit der Prozess gemacht. Wolle muss drei Jahre ins Gefängnis, Luise bekommt ein Jahr auf Bewährung, für Siggi gibt es einen überraschenden Freispruch - so dass für alle feststeht: Er ist der Verräter.

Sein ersehntes Studium in Leipzig kann aber auch er knicken. Damit hält ihn nichts mehr in Dresden, obwohl Luises Herz inzwischen auch für ihn schlägt. Bei Nacht und Nebel flüchtet er nach Berlin, Luise will wenig später nachkommen. Doch dann wird die Mauer gebaut.

Richtig in Fahrt kommt "Der Rote Kakadu", der auch im Panorama der Berlinale läuft, aber erst, als sich die Historie in den Vordergrund drängt. Vorher plätschert die manchmal ein wenig undurchsichtige Liebesgeschichte zwischen Luise und Siggi so vor sich hin - obwohl Schwarz ("Kammerflimmern", "Verschwende deine Jugend") und Riemelt ("Napola - Elite für den Führer") Idealismus und Unschuld der damaligen Zeit wunderbar darstellen. Auch Zehrfeld, der bisher nur auf Theaterbühnen stand, gibt in der Rolle des coolen Wolle ein gelungenes Leinwanddebüt ab.

Trotz einiger Schwächen hat Regisseur Graf ("Der Felsen") mit "Der Rote Kakadu" einen lebendigen, authentisch wirkenden und oftmals auch witzigen Film vorgelegt - in dem zum Glück auch kein Platz für ausgelutschte Ostalgie ist.

(afp)
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