Historischer Einschnitt: Thyssenkrupp verkauft Stahlsparte
EILMELDUNG
Historischer Einschnitt: Thyssenkrupp verkauft Stahlsparte

Film-Kritik Die Wilden Hühner: Ein Herz für Tiere und Eltern

Um zu verhindern, dass ihre Maskottchen auf der Schlachtbank enden, lässt sich die Mädchengang "Die Wilden Hühner" einen kühnen Befreiungsschlag einfallen. Doch Oma Slättbergs Mordlust auf Federvieh ist nicht die größte Sorge von Sprotte und ihrer Clique. Im neuesten Kinderfilm "Die Wilden Hühner" von Vivian Naefe bescheren vor allem die Erziehungsberechtigten den Kindern einen Haufen Ärger.

Die Wilden Hühner
25 Bilder

Die Wilden Hühner

25 Bilder
Foto: 2006 Constantin Film, München

In Zeiten der Vogelgrippe leidet die Verfilmung von "Fuchsalarm" aus Cornelia Funkes "Wilde Hühner"-Kinderbuchserie zwar unter schlechtem Timing, doch das wird den Erfolg der Kinoadaption nicht schmälern. Die Risiken und Nebenwirkungen von Sprottes Hühnerkult sind so liebenswürdig und munter ins Bild gesetzt, dass die "Hühner" den Erfolg der ersten Funke-Verfilmung "Herr der Diebe" locker überflügeln dürften.

Zwar gibt die geplante Entführung der Hühner den fünf Mädels eine harte Nuss zu knacken. Die Fünftklässlerinnen müssen dazu nämlich um die Hilfe ihrer Erzfeinde, der vier Mini-Macker aus der "Pygmäen"-Jungsbande, bitten. Bei der Bildung der Hühnerbefreiungsfront kommt aber allmählich der jeweilige häusliche Ärger zur Sprache: Sprotte etwa hat Kopfschmerzen wegen ihrer Mutter, die zwischen Liebeskummer- und Auswanderungsanfällen schwankt. Und Willis Vater vom Prügeln abzuhalten, erfordert mindestens so viel Mut wie die Hühner nachts aus dem Stall zu klauen - zumal die Oma, stets auf der Hut vor Gesindel, scharf schießt.

Glücklicherweise hat Regisseurin Vivian Naefe Funkes Stil aufgenommen und verwandelt die sommerliche Abenteuergeschichte nicht etwa in einen sozialkritisch dräuenden Depressionsfilm, dessen Botschaften eigentlich an Erwachsene adressiert wären. Üble Lebensumstände werden stattdessen stets auf Augenhöhe der Kinder geschildert, aus deren unbefangener Perspektive die Großen manchmal ganz schön komisch aussehen. Aber wenn Willis Erzeuger der selbstbewussten Sprotte eine runterhaut, hält man auch als Erwachsener erst mal die Luft an - und amüsiert sich dann über die Verblüffung des Schlägers, dem die ganze Bande, bibbernd aber zäh, zu Hause auf die Pelle rückt.

Veronica Ferres als sehr blonde Mutter

Stets sind die vielen Scharmützel von Situationskomik und trockenem Dialogwitz untermalt, was in deutschen Kinderfilmen eher selten gelingt. Im Übrigen stellt die zeigefinger- und jammerfreie Inszenierung klar, dass es Dinge gibt, die wichtiger sind als die doofen Erwachsenen: etwa Freundschaft und erste Flirts. Ebenso konsequent vermeidet der Film eine Anbiederung an Hollywood-Standards, indem er die vorpubertäre Zielgruppe weder mit Instant-Happy-Ends noch mit aufgedrehten Horror-Kids für dumm verkauft und stattdessen vorführt, wie Kinder an ihren Problemen wachsen.

Das quirlige Kinderensemble, in dem sich unter anderen Katja Riemanns und Peter Sattmanns Tochter Paula als eitle Melanie wegen ihrer Pickel grämt, ist ebenso ausdrucksstark wie die Erwachsenen. Die zum Bühnenadel gehörende Doris Schade spielt eine bemerkenswert harsche Oma mit weichem Kern, Veronica Ferres eine sehr blonde Mutter und Axel Prahl einen hilflos bösen Vater. Leider recht nostalgisch wirken die Refugien der Kinder, die sich in Campingwagen und Baumhäusern unverdrossen idyllische Gegenwelten zum elterlichen Chaos basteln: Ohne diese geheimen Nischen wären die Kinder tatsächlich arm dran.

(ap)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort