Zehn-Punkte-Konzept zur Energiepolitik SPD will geringere Strompreise erzwingen

Berlin · Die Bundesnetzagentur soll Preissenkungen bei Grundversorgungs-Tarifen anordnen können. Auch will die SPD Industrierabatte beim Ökostrom kürzen. Union, FDP und Wirtschaftsverbände kritisieren das Zehn-Punkte-Konzept.

Die SPD will die staatliche Kontrolle über die Strompreise ausweiten und Energieversorger mit überdurchschnittlich hohen Preisen zu Tarifsenkungen zwingen. "Wir werden die Anbieter dazu verpflichten, ihre Grundversorgertarife an die Bundesnetzagentur zu melden", heißt es in einem gestern veröffentlichten Zehn-Punkte-Konzept der SPD zur Energiepolitik. Die Netzagentur soll Tariferhöhungen dann verbieten können, wenn sie um zehn Prozent über dem niedrigsten Tarif in einer Region liegen.

Derzeit nutzen etwa 40 Prozent der Verbraucher die Tarife der so genannten Grundversorgung. Die 850 Stadtwerke und privaten Energieversorger in Deutschland sind gesetzlich verpflichtet, die Grundversorgung mit Energie in allen Regionen des Landes sicherzustellen. Viele Verbraucher haben auf einen Wechsel aus der Grundversorgung in billigere Tarife bislang verzichtet — mit Absicht, aus Unwissenheit oder mangels Alternativen.

Den Energieversorgern wird nicht nur von der SPD vorgeworfen, die in den vergangenen Jahren deutlich gesunkenen Großhandelspreise für Strom nicht an die Endkunden in der Grundversorgung weiterzugeben. Grundversorgungstarife sind daher zum Teil mehrere Hundert Euro pro Jahr teurer als andere Tarife. Mit dem SPD-Regulierungsvorschlag könnten sie entlastet werden.

"Würde diese Preissenkung an die Haushalte weitergegeben, könnten dort 1,5 Milliarden Euro gespart werden", erklärten SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück und der thüringische SPD-Wirtschaftsminister Matthias Machnig, der im Kompetenzteam von Steinbrück für die Energiepolitik zuständig ist. Steinbrück will zudem die Stromsteuer um 25 Prozent senken. Auch sollen die Industrierabatte bei der Ökostrom-Umlage, die im laufenden Jahr ein Volumen von bis zu fünf Milliarden Euro erreichen, um 500 Millionen Euro gekürzt werden.

Die politische Konkurrenz kritisierte das SPD-Konzept ebenso wie führende Wirtschaftsverbände. "Es handelt sich um ein Sammelsurium unausgegorener und unwirksamer Vorschläge", sagte Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU). An einigen Stellen nehme die SPD seine Vorschläge zur Strompreisbremse wieder auf, die sie Anfang des Jahres mit ihrer Ländermehrheit im Bundesrat blockiert habe, so Altmaier.

Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) warf der SPD vor, in der Energiepolitik auf noch mehr staatliche Regulierung zu setzen. Die SPD habe sich bei den Verhandlungen über eine Strompreisbremse im Frühjahr quergestellt und Beschlüsse verhindert. Das Klein-Klein der SPD helfe nicht weiter, nach der Wahl müsse vor allem das Erneuerbare-Energien-Gesetz, in dem die Ökostrom-Förderung geregelt ist, grundlegend reformiert werden.

"Wir lehnen jede Reduzierung der unentbehrlichen Entlastungen für energieintensive Unternehmen ab", sagte Markus Kerber, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI). "Problematisch ist die planwirtschaftliche Umsetzung bei der geforderten Strompreisregulierung, die Endkunden entmündigt."

Das rasante Wachstum des Ökostrom-Angebots hat die Strompreise an der Leipziger Börse purzeln lassen. Die Ökostrom-Umlage, die Verbraucher bezahlen müssen, errechnet sich aus der Differenz zwischen dem garantierten Vergütungssatz für die Produzenten und dem Börsenstrompreis: So bezahlen also die Verbraucher umso mehr, je erfolgreicher die erneuerbaren Energien laufen. Diesen paradoxen Zusammenhang kann allerdings auch das SPD-Konzept nicht aufbrechen.

(mar)
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