Düsseldorf "Bahn-Debakel wie in Mainz verhindern"

Düsseldorf · Unter dem Eindruck des Personalchaos auf dem Mainzer Stellwerk haben Bahn und Gewerkschaft vereinbart, künftig die vor Ort eingesetzten Mitarbeiter "unmittelbar und aktiv" in die Personalplanung einzubeziehen.

Die Betriebsräte der Deutschen Bahn gehen gestärkt aus der Krise um das Mainzer Stellwerk hervor. Die wichtigsten Personalmanager des Unternehmens waren auf Einladung der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) zu einem "Gipfeltreffen" angereist, das im Stil von Tarifverhandlungen verlief – und weit länger dauerte als geplant. Unklar ist, ob es wegen dieser Verzögerung oder aus anderen Gründen nicht zu dem geplanten Treffen zwischen Bahn-Chef Rüdiger Grube und dem EVG-Vorsitzenden Alexander Kirchner kam. Statt sich von dem Gewerkschafter vorhalten zu lassen, dass die Arbeitnehmer-Vertreter schon seit Langem auf die personellen Engpässe verwiesen haben, besuchte Grube die Fahrdienstleiter auf dem Mainzer Stellwerk.

Ulrich Weber, Personalchef der Bahn, versicherte nach dem "manchmal auch durchaus kontroversen" Gespräch mit den Arbeitnehmervertretern: "Wir haben uns vorgenommen, gemeinsam daran zu arbeiten, dass ein solches Debakel (wie in Mainz, die Red.) sich nicht wiederholt." Der Prozess werde zeigen, wo Neueinstellungen notwendig seien.

Bahn, EVG und Konzernbetriebsrat vereinbarten, bis zum 15. Oktober die Personalplanung zu überprüfen und die Mitarbeiter dabei "unmittelbar und aktiv" miteinzubeziehen. Die EVG sieht das als Chance, "endlich den tatsächlichen Bedarf" zum Maßstab zu machen. Die Kollegen vor Ort wüssten am besten wo es brenne. Die Planung laufe nun "von unten nach oben".

Mit Blick auf die acht Millionen Überstunden, die sich bei den Bahnern angesammelt haben, schreibt die Vereinbarung den "Abbau von Mehrleistungsstunden" vor und nennt die "Besetzung der geplanten Schichten" als Ziel – genau das ist in Mainz derzeit wegen urlaubender und erkrankter Fahrdienstleiter nicht möglich. Der Ausfall ganzer Schichten – wie in Mainz – soll ausdrücklich vermieden werden.

Weil das Durchschnittsalter der Eisenbahner mit derzeit 46 Jahren hoch ist, sollen bei der Planung nicht mehr nur der aktuelle Personalbestand, sondern auch dessen demografische Entwicklung berücksichtigt werden. Dies dürfte vor allem beim Aufbau personeller Reserven in Bereichen mit absehbar sinkender Belastbarkeit der Mitarbeiter und erhöher Krankheitsanfälligkeit wichtig werden.

Am Mainzer Hauptbahnhof, wo derzeit zahlreiche Züge ausfallen, sollen laut EVG künftig zusätzliche Fahrdienstleiter und Helfer ausgebildet werden. Fahrplanmäßig werden die Züge aber wohl erst Ende August wieder fahren. Die Bundesnetzagentur droht der Bahn mit einem Zwangsgeld von 250 000 Euro, sollte sie nicht "unverzüglich geeignete Maßnahmen zur Beseitigung der Beeinträchtigungen des Betriebs ergreifen" , zitiert das "Handelsblatt" aus einem Bescheid. Die Bonner Behörde berichtete davon, dass sich in der Vergangenheit wiederholt private Verkehrsunternehmen auch auf anderen Bahnhöfen über Zugausfälle wegen Personalnot beschwert hätten.

Bei der nächsten Aufsichtsratssitzung am 18. September soll die Bahn Auskunft darüber geben, ob Probleme wie in Mainz bundesweit vorkommen könnten, sagte ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums. Die Vereinbarungen mit der EVG wertete er positiv.

(RP)
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