Brüssel Polen schlägt Energie-Union vor

Brüssel · Ministerpräsident Tusk will weniger abhängig von russischem Gas sein.

Als Reaktion auf die Ukraine-Krise hat Polens Ministerpräsident Donald Tusk die Europäische Union aufgefordert, sich unabhängiger von russischen Energie-Lieferungen zu machen. Dazu schlage er den Aufbau einer Europäischen Energieunion nach dem Vorbild der Bankenunion vor, schrieb Tusk in einem Gastbeitrag in der "Financial Times". Ziel müsse es sein, dass die EU-Mitgliedstaaten in der Energiepolitik und bei der Versorgung mit Öl und Gas enger zusammenarbeiten. Dazu gehörten eine EU-Zentrale, die Gas für alle 28 Mitgliedsländer der Union einkaufe, und ein Solidaritätsmechanismus, über den EU-Staaten bei Gasengpässen unterstützt werden. Zudem müsse die Gemeinschaft ihre fossilen Energie-Alternativen wie Kohle und das umstrittene Schiefergas voll nutzen.

Die EU deckt gegenwärtig rund ein Drittel ihres Öl- und Gasbedarfs mit Lieferungen aus Russland. "Wie auch immer sich der Konflikt in der Ukraine entwickelt, eine Lehre daraus ist klar: Eine übergroße Abhängigkeit von russischer Energie macht Europa schwach", schrieb Tusk. Daher müsse die EU ähnlich wie bei der gemeinsamen Aufsicht und Regulierung der Bankenbranche auch im Kampf gegen Risiken in der Energiepolitik enger zusammenarbeiten. Schließlich bezögen mindestens zehn EU-Länder mehr als die Hälfte ihres Gasbedarfs vom russischen Lieferanten Gazprom. Einige seien sogar völlig von dem staatlich kontrollierten Gasgiganten abhängig. Daher müsse die EU auch die Energie-Kooperation mit den östlichen Nachbarstaaten ausbauen und stärker auf Gas etwa aus den USA und Australien zurückgreifen, forderte Tusk.

Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Fuchs (CDU), begrüßte Tusks Vorschlag. "Das ist ein guter Ansatz", sagte Fuchs unserer Zeitung. "Wir brauchen mehr Unabhängigkeit von Russland. Es ist nicht klug, sich 40 Prozent des Gasbedarfs aus Russland liefern zu lassen", betonte Fuchs. Als Alternativen schlug er vor, stärker auf Flüssigerdgas, auf Lieferungen aus den USA, Kanada oder Norwegen zu setzen und auch in Deutschland intensiver nach Gasvorräten zu bohren. Auch Fracking sieht Fuchs, wenn es hinreichend erprobt sei, als eine Möglichkeit an, dass Deutschland sich selbst besser mit Gas versorgen kann.

(qua/rtr)
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