NRW-Behörde empfiehlt Fracking-Tests

Interview · Der Chef des Geologischen Dienstes, Josef Klostermann, spricht sich für Probebohrungen unter bestimmten Voraussetzungen aus, warnt aber auch vor Risiken.

In der Bevölkerung gibt es große Skepsis gegenüber Fracking. Was empfehlen Sie der Landesregierung, soll Fracking erlaubt werden?

Klostermann Vor allem muss man sachlich mit dem Fracking umgehen, nicht emotional. Wichtig ist uns zuerst die Sicherheit der Bürger, das Grundwasser darf durch Fracking nicht verunreinigt werden. Das hat auch für uns als Geologen oberste Priorität.

Wie kann das gesichert werden?

Klostermann Nur durch vorherige Untersuchungen. An zwei Stellen in NRW, im Kreis Minden-Lübbecke und im münsterländischen Nordwalde ist das versucht worden. Dort sollte es sogenannte Explorationen geben. Die Landesregierung hat diese Pläne mit einem Moratorium gestoppt und zunächst Gutachten in Auftrag gegeben, weil die Risiken noch nicht abschätzbar waren. Das war richtig so. Diese nun vorliegenden Gutachten zum Fracking, fünf insgesamt, sind zum Teil von uns überprüft worden, teilweise auch korrigiert worden.

Welchen Ratschlag geben Sie nun der Landesregierung?

Klostermann Zunächst einmal sollten die Firmen den Untergrund erkunden. Wir wissen ja bisher noch nichts. Wir kennen nicht die Durchlässigkeiten der Gesteine, wir wissen nicht, wie viel Gas sich in der Kohle befindet. Wir wissen nicht einmal, ob man überhaupt fracken muss. Also sollte eine Exploration stattfinden, die übrigens erst einmal Jahre dauert. Das Unternehmen würde dafür drei Löcher à 1500 Meter mit einer kleinen Bohrung abteufen. Wenn dann rauskommt, dass in den Gesteinsschichten gar nicht die entsprechenden Methangehalte vorhanden sind, dann erledigt sich das Fracking von selbst. Dann wird das Unternehmen sagen: "Wir lassen es sein." Im Moment reden ja alle nur wie der Blinde von der Farbe. Das Problem ist ja im Kern: Man weiß noch nicht, was in den Steinkohlenflözen unten drin ist. Da muss man jetzt einmal reinbohren und prüfen: Wie viel Gas befindet sich in den Steinkohleschichten?

Bürgerinitiativen sind in Sorge um das Grundwasser. Fracken bedeutet, dass ein Wasser-Sand-Chemie-Cocktail in die Erde gepresst wird. Sind deren Ängste berechtigt?

Klostermann Absolut. Man muss darauf achten, dass das Grundwasser nicht verunreinigt wird. Beim Fracking wird senkrecht in die Erde bis in ein Kohlefeld, das Flöz, gebohrt. Trifft man auf das Flöz, wird horizontal gebohrt. Dann wird die Rohrfahrt aufgesprengt, es wird eine Flüssigkeit aus Wasser, feinstem Sand, Gesteinsmehl genannt, und Bioziden in die Kohle gemengt, so dass durch die Lufträume das dort lagernde Gas gewonnen werden kann. Es sind Bestandteile dabei, die wassergefährdend sein können. Das Problem ist, dass die Erdgasfirmen bisher nicht sagen, welche Stoffe sich in den Bioziden befinden.

Was sind denn konkret die Risiken, wenn die chemischen Stoffe nach oben kommen?

Klostermann Dabei gibt es mehrere Risiken. Das Biozid könnte durch die Gesteinsschichten nach oben in das Grundwasser gelangen -man müsste also eine Probebohrung machen, um das Risiko der Durchlässigkeit des Gesteins einschätzen zu können. Dann gibt es das Risiko, dass durch Risse im Erdreich das Gemisch in das Grundwasser gelangt. Die dritte Möglichkeit ist die Wichtigste: Es muss ausgeschlossen werden, dass das Gemisch durch das zementierte Erdloch austritt. Diese drei Komponenten müssen gewährleistet sein. Wenn dies nicht garantiert werden kann, dann empfehle ich der Bergbauverwaltung: Lasst es lieber sein, genehmigt es nicht.

SEBASTIAN PETERS FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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