EVG warnt vor Einseitigkeit Jetzt droht auch zweite Bahn-Gewerkschaft mit Streiks

Berlin · Nachdem die relativ kleine Lokführergewerkschaft GDL neue Streiks in der nächsten Zeit ankündigte, macht auch die viel größere EVG mobil: Sie könne den geltenden Tarifvertrag aufkündigen, sofern die GDL bevorzugt wird, sagt EVG-Chef Klaus-Dieter Hommel.

 Die GDL sorgte vergangene Woche mit ihrem Streik für viele volle Züge.

Die GDL sorgte vergangene Woche mit ihrem Streik für viele volle Züge.

Foto: dpa-tmn/Frank Rumpenhorst

Neue Eskalation der Auseinandersetzungen bei der Deutschen Bahn: Während die GDL mit der Drohung neuer Streiks versucht, ein bessere Tarifangebot für sich herauszuschlagen, warnt die größere Bahngewerkschaft EVG vor einseitigen Zugeständnissen des Bahnvorstandes. „Wir haben für unseren Tarifvertrag ein  Sonderkündigungsrecht ausgehandelt für den Fall, dass es mit einer anderen Gewerkschaft wesentlich andere Regelungen gibt“, sagt Klaus-Dieter Hommel, Vorsitzender der Eisenbahn- und Verkehrsgesellschaft EVG. „Diese Option werden wir ziehen, wenn es notwendig wird. Dann wären wir auch von der Friedenspflicht befreit.“

Hommel macht darauf aufmerksam, dass es beim von der EVG vereinbarten Tarifvertrag auch um eine Jobsicherung für die gesamte Belegschaft handelte. „Wir haben im September 2020 vereinbart, dass es keine Kurzarbeit und keine Entlassungen gibt und dass weiterhin Auszubildende eingestellt werden, obwohl der Verkehr bei der Bahn um weit mehr als 50 Prozent eingebrochen war und obwohl niemand wusste, wie lange die Corona-Krise dauern wird. Dieser Schutz für die ganze Belegschaft ist und war das Entscheidende für uns, während wir gleichzeitig auch moderate Tariferhöhungen durchsetzten.“

An die GDL und den Vorstand der Bahn appelliert er, den Tarifstreit endlich zu beenden: „Als Gewerkschafter habe ich natürlich nichts gegen Streiks, um die Interessen der Arbeitnehmer  durchzusetzen. Die rein materiellen Forderungen der GDL und das Angebot der Bahn liegen aber nicht so weit auseinander. Da müsste man sich ohne weiteren Arbeitskampf einigen können.“

Er hält nichts davon, dass die GDL Tarifverträge für das ganze Unternehmen abschließen will. „Die GDL kann keinen Anspruch erheben, in Bereichen Tarifverträge zu schließen, wo sie keine Mitglieder hat.“

Er glaubt, dass die konkurrierende Gewerkschaft GDL die theoretisch schon seit Monaten denkbaren Streiks gezielt auf den Spätsommer/Herbst verschoben hat: „Es geht der GDL darum, die Arbeitskämpfe relativ kurz vor der Bundestagswahl auszutragen. Sie hoffen, dass die Politik dann den Bahn-Vorstand zu tarifpolitischen Zugeständnissen bringt, die dieser zum Wohle des inneren Friedens bei der Bahn nie von sich aus abgeschlossen hätte.“

Laut Hommel drängt die GDL so massiv darauf, weitere Bereiche neben Lokführern und dem Fahrpersonal zu vertreten, weil sie um das Überleben fürchtet: „Wir haben 2020 rund 10.000 neue Mitglieder geworben und haben nun rund 190.000 Mitglieder, die GDL kommt da sogar mit ihrer angeblichen Mitgliederzahl von 37.000 bei weitem nicht mit. Sie kämpft um ihre Existenz, die Arbeitskämpfe werden weitgehend angedroht und geführt, um Mitglieder zu werben.“ Er ergänzt: „Das ist ein rein politischer Tarifkampf. Es geht nur am Rande darum, etwas Konkretes für die Beschäftigten herauszuholen, sondern darum, neue Mitglieder zu werben.

„Immerhin hat die Bahn festgestellt, dass in mehr als 300 Betrieben der Bahn unsere Tarifverträge gelten, weil wir dort die Mehrheit stellen. Die GDL stellt dagegen nur in 16 Betrieben die Mehrheit der Gewerkschaftsmitglieder.“  Hinzu käme, dass sich der Beruf des Lokführers in seiner bisherigen Definition verändert: „Der Beruf des Lokführers wird sich mit der Digitalisierung schnell verändern. Auch dies ist ein Grund, warum die GDL so aggressiv den aktuellen Kampf führt.“

Scharf kritisiert Hommel, wie die GDL im Unternehmen gegen die EVG Stimmung mache: „Im Innenverhältnis haben wir skandalöse Vorgänge gehabt. Wir können nicht hinnehmen, wenn unsere Mitglieder oder Funktionäre völlig übertrieben angegriffen werden, während wir in Wahrheit nur das Wohl der ganzen Belegschaft im Auge haben statt nur Einzelinteressen zu vertreten.“

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