Dürre in Kalifornien Warum Mandeln bald teurer werden könnten

Rund 80 Prozent der Mandeln weltweit stammen aus Kalifornien. Doch Die Bäume brauchen viel Wasser - und der US-Bundesstaat erlebt die zweite schwere Dürre innerhalb von zehn Jahren.

 Luftaufnahme einer vertrockneten Mandelplantage in Newman im US-Bundesstaat Kalifornien.

Luftaufnahme einer vertrockneten Mandelplantage in Newman im US-Bundesstaat Kalifornien.

Foto: AP/Terry Chea

Mit mehr als 37 Grad Celsius drückt die Hitze auf das ausgedörrte San-Joaquin-Tal in Kalifornien. Farmer Joe Del Bosque inspiziert seine Mandelbaum-Plantage. Genug Wasser hat er nicht, deshalb ist er auf Defizitbewässerung umgestiegen und gibt den Bäumen weniger als sie eigentlich bräuchten. Um die Mandeln zu bewässern, lässt er ein Drittel seiner Anbaufläche brach liegen. Außerdem überlegt er, auf 40 seiner mehr als 240 Hektar Plantagenfläche die Mandelbäume nach der Ernte im Spätsommer zu fällen, Jahre früher als eigentlich geplant.

„Wenn wir glauben, dass wir nächstes Jahr nicht genügend Wasser haben, müssen wir sie opfern“, sagt Del Bosque, der auch Melonen, Kirschen und Spargel anbaut. „Das bedeutet, dass unsere riesigen Investitionen in diese Bäume verloren sind.“

Mandeln gehören zu den einträglichsten landwirtschaftlichen Produkten Kaliforniens. Die sechs Milliarden Dollar (5,1 Milliarden Euro) schwere Mandel-Industrie liefert rund 80 Prozent der Mandeln weltweit. Doch die historische Dürre im Westen der USA fordert einen hohen Tribut.

Immer mehr Mandelfarmer werden wohl ihre Plantagen brach liegen lassen, da Wasser knapp und teuer wird — eine heftige Kehrtwende, wo sich der Mandelanbau in Kaliforniens ländlichem Central Valley doch unablässig auszubreiten schien. Das trockene mediterrane Klima und das verlässliche Bewässerungssystem boten die perfekten Voraussetzungen dafür, die immer beliebter werdende Nuss anzubauen.
Mandeln sind durstige Dauerkulturen, die das ganze Jahr über Wasser brauchen. Da passt es nicht zusammen, wenn Wissenschaftler sagen, dass der Klimawandel den Westen der USA in den vergangenen 30 Jahren viel wärmer und trockener habe werden lassen und für weitere Wetterextreme sorgen werde.

Die Mandelproduktion in Kalifornien ist von 1995 bis 2020 von fast 168 Millionen Kilogramm auf eine Rekordmenge von 1,4 Milliarden Kilogramm gestiegen, so das US-Landwirtschaftsministerium. In dieser Zeit wuchs die mit Mandelbäumen bepflanzte Fläche von rund 2000 Quadratkilometer auf knapp 6500 Quadratkilometer an. Noch im Mai ging das Landwirtschaftsministerium davon aus, dass die kalifornische Mandelernte einen Rekord von 1,5 Milliarden Kilogramm knacken würde. Doch im Juli korrigierte es die Schätzung auf 1,3 Milliarden Kilogramm aufgrund von Wassermangel und Rekordhitze.

„Viele Farmer nehmen große Anstrengungen auf sich, um mit dem Wasser, das sie haben, ihre Bäume am Leben zu erhalten“, sagt Richard Waycott, Chef des Kalifornischen Mandel-Verbands, der mehr als 7600 Menschen aus Anbau und Weiterverarbeitung vertritt.

Mandeln sind Kaliforniens wichtigstes landwirtschaftliches Exportprodukt. Rund 70 Prozent der Mandeln gehen dem Mandel-Verband zufolge ins Ausland, getrieben von der starken Nachfrage in Indien, Ostasien und Europa. Als wegen der Dürre von 2012 bis 2016 die Mandelpreise stiegen, bepflanzten Farmer und Investoren Hunderte von Quadratkilometern an neuen Plantagen in Gegenden, die keine verlässliche Wasserversorgung haben.

„Es gibt mehr Mandeln und mehr Wasserbedarf in einer Zeit, in der es keine zusätzliche Wasserversorgung gibt“, sagt David Goldhamer, Experte für Wassermanagement an der Universität von Kalifornien in Davis. „Wir exportieren Wasser außer Landes, indem wir Mandeln exportieren, für deren Produktion es genutzt wurde.“

Der Mandelboom fällt mitten in die zweite schwere Dürre, die Kalifornien innerhalb von zehn Jahren erklärt hat. Im Dürremonitor der USA heißt es, dass vergangene Woche 88 Prozent Kaliforniens unter „extremer Dürre“ litten, die schlimmsten Bedingungen herrschen demnach im Central Valley.

Die Hitze hat die Reservoirs austrocknen lassen, die die dortigen Farmen mit Wasser versorgen sollen. Anfang August war das größte Reservoir, Shasta Lake, nur zu 30 Prozent gefüllt, das zweitgrößte, Lake Oroville, nur zu 24 Prozent, wie das kalifornische Wasserministerium mitteilte. Weil die Behörden das Wasser für die Landwirtschaft beschränkt haben, müssen viele Farmer ihre Felder brach liegen lassen oder andere Pflanzen anbauen, die weniger Wasser benötigen.

 Hausboote am zum Zeitpunkt des Fotos zu 24 Prozent ausgelasteten Stausee Lake Oroville in Kalifornien.

Hausboote am zum Zeitpunkt des Fotos zu 24 Prozent ausgelasteten Stausee Lake Oroville in Kalifornien.

Foto: dpa/Noah Berger

In der Weiterverarbeitungshalle der Plantage von Stewart & Jasper rollt ein Fluss aus Mandeln über das Fließband. Frauen mit Haarnetzen und Masken prüfen die Nüsse per Hand, bevor sie in Kisten verpackt an Kunden in aller Welt geschickt werden. Das Unternehmen in Newman, Kalifornien, verarbeitet jährlich 27 Millionen Kilogramm Mandeln von mehr als 80 Quadratkilometern Anbaufläche, drei davon gehören dem Betrieb selbst. „Der Mandelanbau ist nicht mehr so rentabel wie früher“, sagt Besitzer Jim Jasper, dessen Vater das Unternehmen im Jahr 1948 mitgegründet hat. „Die Welt wird weniger Mandeln sehen.“

Jasper schätzt, dass rund ein Drittel der kalifornischen Plantagen in Gegenden mit unzuverlässiger Wasserversorgung gepflanzt wurden und viele die Dürre nicht überstehen werden. Einige seiner Nachbarn haben bereits mit der Bewässerung aufgehört und lassen die Bäume sterben. „Eine Plantage hier trocknet aus, weil die Leute einfach kein Geld dafür haben, Wasser zu kaufen. Das sehen wir überall hier im Tal“, sagt Jasper.

Weil die Hitze die Wasserreservoirs austrocknet, hat Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom die Bewohner dazu aufgerufen, ihren Wasserverbrauch freiwillig um 15 Prozent zu reduzieren. Doch Kritiker sagen, die durstige Mandelindustrie sei in ihrem jetzigen Umfang nicht nachhaltig. „Wenn wir in den Städten Wasser sparen, damit mehr Mandeln angebaut werden können, ist das einfach nicht fair, weil es nicht der Mehrheit der Kalifornier zugute kommt“, sagt Tom Stokely, Vorstandsmitglied des gemeinnützigen California Water Impact Network, das sich für nachhaltige Wassernutzung einsetzt.

Stokely ist überzeugt, dass Kalifornien solche Dauerkulturen wie Mandeln in Gegenden verbieten sollte, die keine angemessene Wasserversorgung besitzen. „Mit dem Klimawandel, der Dürre und den Hitzewellen, die wir erleben, muss sich sehr schnell etwas verändern, sonst sehen wir unseren Staat buchstäblich zusammenbrechen“, sagt er. „Wir müssen da etwas tun.“

(peng/dpa)
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