Beide Seiten sind zu Gesprächen bereit Bewegung im Ost-Metallerstreik

Chemnitz (rpo). Der Druck auf die Tarifparteien bei den Metallerstreiks in Ostdeutschland wächst. Beide Seiten sind zu Gesprächen bereit, einen konkreten Termin gibt es aber noch nicht. Die Streiks hatten dazu geführt, dass in BMW-Werken die Bänder still standen.

Mit Beginn der Frühschicht am Montag hatten nach Angaben der IG Metall rund 9000 Metaller in Sachsen, Berlin und Brandenburg ihre Arbeit niedergelegt. In der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie sind insgesamt 310 000 Menschen beschäftigt.

Zu möglichen Verhandlungen sagte die IG Metall-Sprecherin für Berlin-Brandenburg und Sachsen, Marlis Dahne: "Uns liegt noch nichts vor. Wir erwarten, dass die Arbeitgeber auf uns zukommen." Der Sprecher des Verbandes der Sächsischen Metall- und Elektroindustrie (VSME), Frank Möhrer, sagte: "Wir sind zur Fortsetzung der zentralen Verhandlungen bereit. Ein offizielles Gesprächsangebot ist bei uns noch nicht eingetroffen."

Unterdessen kündigte die IG Metall für Thüringen für diese Woche befristete Arbeitsniederlegungen an, um den Druck auf die Arbeitgeber zu erhöhen. Zu Beginn der zweiten Streikwoche in Berlin und Brandenburg beteiligten sich nach Gewerkschaftsangaben dort 1800 Beschäftigte am Ausstand. In Sachsen haben unterdessen mittlerweile acht Unternehmen einen Haustarifvertrag ausgehandelt.

Politiker und Wirtschaftsexperten mahnten am Montag erneut ein rasches Ende des Arbeitskampfes an. Das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) sieht in dem Streik eine Gefahr für die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Ostdeutschland. "Man sollte die Drohungen der Unternehmen durchaus sehr ernst nehmen", sagte der Arbeitsmarktexperte Herbert Buscher der dpa. "Potenzielle Investoren werden mit dem Streik abgeschreckt, die bisherigen Standortvorteile Ostdeutschlands sind in Gefahr", sagte er. Dazu gehörten in erster Linie die im Vergleich zu Westdeutschland geringeren Lohnkosten und längere Arbeitszeiten.

Sowohl Bundeskanzler Gerhard Schröder als auch der für den Aufbau Ost zuständige Bundesminister Manfred Stolpe (beide SPD) forderten eine baldige Einigung im Tarifstreit. Stolpe schloss sich laut "Sächsischer Zeitung" vom Montag der Gewerkschaftsidee an, Sachsens ehemaligen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf (CDU) als Schlichter einzusetzen.

IG-Metall-Vize Jürgen Peters verteidigte den Arbeitskampf. "Wir haben den Streik gemacht, weil wir keine anderen Möglichkeiten mehr haben, weil die Arbeitgeber sich am Verhandlungstisch verweigern. Wir wollen endlich, dass die Arbeitgeber ihrer Verhandlungsverpflichtung nachkommen", sagte Peters im Deutschlandfunk. Peters befürchtet, dass die 35-Stunden-Woche im Westen auch gefährdet ist, sollte sich die IG Metall im Osten nicht durchsetzen. "Es könnte peu à peu eine Anhebung der Arbeitszeiten erfolgen", sagte er im ZDF-Morgenmagazin.

Nach Einschätzung des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer geht die Gewerkschaft leichtfertig mit dem Standort Ostdeutschland um. BMW, Siemens und andere große Konzerne, aber auch Autozulieferer wie ZF Friedrichshafen wollen ihr Engagement in den neuen Ländern überprüfen. (Berichtung: Der erste Satz des zweiten Absatzes wurde berichtigt: "Mit Beginn der Frühschicht am Montag hatten nach Angaben der IG Metall rund 9000 Metaller in Sachsen, Berlin und Brandenburg ihre Arbeit niedergelegt" (die letzten drei Worte waren ausgefallen)

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