Spiegelburg hofft auf den großen Sprung

köln Silke Spiegelburg pustet einmal kräftig durch. Die Frage traf Deutschlands Vorzeige-Stabhochspringerin erwartbar, und doch lässt ihre Reaktion darauf schließen, dass das Thema für sie ein sensibles ist. Was sie denn nun dazu sage, dass nicht sie, sondern ihre Kontrahentin Martina Strutz in der Vorwoche mit 4,78 Metern den neun Jahre alten deutschen Rekord geknackt habe. "Da muss man im Prinzip gar nichts zu sagen", sagt die 25-jährige Leverkusenerin. "Martina hat mir ja nichts weggenommen. Ich blende so etwas aus."

Spiegelburg sitzt im Bistro eines Hotels am Kölner Heumarkt. Der Olympiastützpunkt Rheinland hat geladen. Zum Ausblick, ein Jahr vor Olympia in London. Spiegelburg gehört zu den Medaillenhoffnungen. Als "Olympiasiegerin in spe" wird sie hier angekündigt. Sie lächelt. Ihr Weg nach London führt die Studentin der Gesundheitsökonomie am Wochenende aber erst einmal nach Kassel. Zur Deutschen Meisterschaft. Routine für eine, die den nationalen Titel schon fünfmal gewonnen hat. Zuletzt im Vorjahr. Ihr Verein TSV Bayer 04 führt sie intern dann auch aus der Gewohnheit heraus als Gold-Kandidatin.

2011 ist bislang ein gutes Jahr für den Schützling von Leszek Klima. Die Norm (4,55 Meter) für die Weltmeisterschaft Ende August in Daegu/Südkorea hat sie längst abgehakt. Sowohl in der Halle (4,76) als auch draußen (4,75) steigerte sie ihre Bestleistungen. In der Wettkampfserie "Diamond League" führt sie den Stabhochsprung an. Drei Meetings muss sie sich noch an der Spitze halten, wenn sie die Siegprämie von 60 000 US-Dollar einstreichen will.

Im Kasseler Aue-Stadion gehe es für sie vor allem darum, Sicherheit bei den Sprüngen zu gewinnen, sagt sie. Und, sie hofft, dass das Wetter mitspielt. Stabhochsprung ist eine sensible Angelegenheit. Oft fehlt Spiegelburg für die öffentliche Bewertung von Leistungen das Verständnis. "Die Gesellschaft verlangt Goldmedaillen von uns, aber schafft keine passenden Rahmenbedingungen", sagt sie. Sie selbst habe harte Kämpfe ausgefochten, um Studium und Sport verbinden zu können. "Mit den Leuten aus dem Prüfungsamt bin ich fast schon per Du", sagt sie und blickt neidisch in die USA und deren Fördersystem in Form von Stipendien.

4,80 Meter heißt das nächste Ziel. So hoch ist in diesem Jahr noch keine Frau gesprungen – auch Strutz nicht. In den vergangenen Tagen ist Topstar Jelena Isinbajewa nach einem Jahr Pause wieder ins Geschehen eingestiegen und hat sich mit 4,60 Meter direkt wieder ins Gespräch gebracht. "Ich bin gespannt, wie sie damit umgeht, dass sich quasi alle in der Weltspitze in ihrer Abwesenheit verbessert haben", sagt Spiegelburg dennoch. Weltspitze, das ist sie selbst mittlerweile auch.

(RP)
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