Leverkusen Hoeneß: Vidal bricht sein Wort

Leverkusen · Arturo Vidal hat gestern seinen Wechsel von Bayer Leverkusen zu Juventus Turin bestätigt. Im Werksclub hatte sich mittlerweile jeder an den Gedanken gewöhnt, dass man künftig ohne den besten Spieler der Vorsaison wird auskommen müssen. Weniger entspannt als in Leverkusen waren die Reaktionen bei Bayern München, das fest von einer Verpflichtung des Chilenen ausgegangen war. "Da wurde ein Wort gebrochen", sagte Münchens Präsident Uli Hoeneß der "Bild"-Zeitung. Er habe aber auch nichts anderes erwartet. "Da war ein südamerikanischer Spielervermittler involviert, also hatte ich keine große Hoffnung, dass Worte noch etwas zählen", sagte der 59-Jährige. "Wir haben zu diesem Transfer immer gesagt, wenn es klappt, wäre es fein, wenn nicht, dann nicht. Das Wohl des FC Bayern hängt nicht an Arturo Vidal."

Das sehen auch die Leverkusener so. Schon kurz nach seinem Amtsantritt hatte Trainer Robin Dutt gesagt: "Jeder Trainer auf der Welt hat einen Spieler wie Arturo gerne in seinen Reihen. Aber wenn du andererseits nicht den Anspruch hast, einen Spieler ersetzen zu können, dann hast du in der Bundesligaspitze nichts verloren." Dabei scheint das mit dem Ersetzen leichter gesagt als getan. In Vidal verliert der Vizemeister den wohl besten Ball- eroberer und Umschaltspieler der Liga. Der Chilene war zudem neben Münchens Thomas Müller der einzige Erstliga-Spieler, der sowohl bei den Toren (10) als auch bei den Vorlagen (12) zweistellige Werte vorweisen konnte. Dutts Vorgänger Jupp Heynckes hatte den 24-Jährigen einst als "unseren wichtigsten Mann" bezeichnet.

Dass sie bei Bayer nun relativ gelassen mit dem Verlust umgehen, liegt in der Qualität des Kaders begründet. Für die zwei Positionen im defensiven Mittelfeld kann Dutt immerhin noch aus den Kandidaten Michael Ballack (34), Simon Rolfes (29), Gonzalo Castro (24) und Lars Bender (22) wählen. Da nach den Eindrücken der Vorsaison nicht davon auszugehen ist, dass Ballack und Rolfes gemeinsam die Doppel-Sechs bilden werden, bietet sich also für mindestens eines der beiden Talente die Chance, das ihnen nachgesagte Können unter Beweis zu stellen.

Besonders für Castro, schon mit 17 für Bayer in der Bundesliga aktiv, könnte die Saison ohne Vidal eine echte zweite Chance bedeuten. War er in den Vorjahren meist als Aushilfe auf allen möglichen Positionen unterwegs, sieht Dutt ihn ganz klar im Zentrum. "Er ist ein Spieler, der technisch beschlagen ist und gegen den Druck des Gegners eine spielerische Lösung hat. Wenn er unter Druck gerät, verliert er nicht gleich die Nerven", sagt Dutt.

Ähnliches gilt für Bender, der den Sprung zum Stammspieler schaffen will. Viele trauen ihm eine Entwicklung zu wie seinem Zwillingsbruder Sven bei Meister Dortmund. Der schaffte es sogar bis in die Nationalelf. In der bildeten Ballack und Rolfes Ende 2010 übrigens noch die Stammbesetzung. Es muss ihnen also nicht bange werden in Leverkusen. Beim Blick auf das, was da kommt. Nach Vidal.

(RP)
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