Nebenrolle für Schumacher

Der Rekordweltmeister in der Formel 1 fährt schon lange nicht mehr vorneweg. Doch vor dem Rennen auf dem Nürburgring am Sonntag wird deutlich, wie sehr er von den jüngeren Fahrern noch immer verehrt wird.

NÜRBURGRING Bei Fernando Alonso klappte es. Der Spanier drehte knapp zwei Wochen vor dem Großen Preis von Großbritannien in Silverstone ein paar Runden in jenem Auto, in dem der Mexikaner Froilan Gonzalez vor 60 Jahren den ersten Ferrari-Sieg gefeiert hatte. Als es dann darauf ankam, siegte der bald 30-Jährige erstmals in dieser Saison und bestätigte den Aufwärtstrend der zuletzt schwächelnden "Scuderia".

Gestern nun saßen Nico Rosberg (Wiesbaden) und Michael Schumacher (Kerpen) in den Modellen, in denen Juan-Manuel Fangio (Argentinien) 1954 und 1955 den WM-Titel gewann. Ob es allerdings einem der aktuellen Mercedes-Fahrer gelingt, am Sonntag (14 Uhr/RTL) beim Grand Prix von Deutschland ganz oben zu stehen, darf bezweifelt werden. "Realistisch ist ein fünfter oder sechster Platz", sagt Schumacher. Der Hauptdarsteller von einst ist seit seinem Comeback im März 2010 noch nicht über eine Nebenrolle hinausgekommen.

Doch noch immer sitzt der 42-Jährige in der ersten Reihe bei den Pressekonferenzen. Den Platz in der Mitte besetzt nun aber ein Fahrer, mit dem Schumacher eine "innige Freundschaft" verbindet, dessen Erfolge ihn freuen, dessen Erfolge aber auch gut für den Motorsport in Deutschland seien. "Das hier sechs deutsche Formel-1-Fahrer sitzen, hat auch was mit mir zu tun", sagt Schumacher, der seit seinem Einstieg in die Formel 1 im Jahr 1991 den Motorsport hierzulande neu belebte. Die aktuellen Erfolge von Sebastian Vettel könnten dafür sorgen, dass die Chance für Nachwuchspiloten, gefördert zu werden und sich nach oben zu kämpfen, bestehen bleibt.

Auch wenn Schumacher nicht mehr vorneweg fährt, so ist er noch immer die Messlatte. "Was Michael erreicht hat, ist außergewöhnlich. Die Frage ist nicht, ob ein deutscher Fahrer dies noch einmal schaffen kann, sondern, ob es überhaupt einen gibt, der diese Erfolge erreicht", sagte der 18 Jahre jüngere Vettel. Der Red-Bull-Pilot hat es seit seinem Debüt Mitte 2007 auf 16 Erfolge gebracht. Er ist die deutsche Nummer zwei hinter Schumacher, der 91 Rennen gewonnen hat. Eine unglaubliche Zahl, die für Adrian Sutil, Timo Glock, Nick Heidfeld, aber auch für Schumachers Teamkollegen Nico Rosberg utopisch erscheint.

Die Euphorie bei der Präsentation der deutschen Nationalmannschaft mit Schumacher, Rosberg und Mercedes ist längst der Erkenntnis gewichen, dass der Weg zum erhofften WM-Titel viel mehr Durchhaltevermögen erfordert. "Unser Dreijahres-Plan ist nicht zu halten", sagt Schumacher. Er hat zwar einen Vertag bis Ende 2012, betont aber: "Ich schaue erst mal, wie die Dinge sich entwickeln". Sein Team sieht der siebenmalige Champion nach einigen Umstrukturierungen und personellen Zugängen auf einem guten Weg. Er gibt aber zu: "Wir sind nicht da, wo wir sein wollten." Die Probleme sind erkannt, werden abgearbeitet – und nun hat man wieder Zeit für Entwicklungsarbeit, die andere Teams schon länger betreiben konnten.

Mit sich selbst ist er im Reinen. "Ich habe noch immer Spaß und nicht das Gefühl, auf einem absteigenden Ast zu sein", sagt Schumacher. Dass er im Schatten von Rosberg steht, seinem "stärksten Teamkollegen", macht ihm nichts aus, betont er jedenfalls. "Ich habe das Gefühl, noch schnell genug zu sein. Wer kann mit 42 noch behaupten, im Spitzensport so mithalten zu können?", fragt der in der Schweiz lebende Rennfahrer. Der Spaßfaktor sei jedenfalls hoch, und die Balance zwischen Freizeit und Arbeit sei perfekt. "Ich bin sehr zufrieden, mit dem was ich leisten und dem Team geben kann", erklärt der Senior des deutschen Fahrer-Sextetts.

Auf einen Sieg wird man bei Mercedes aber wohl noch länger warten müssen, es sei denn das Wetter in der Eifel spielt mal wieder verrückt und sorgt für Überraschungen.

(RP)
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