Kommentar Bierhoffs Sündenbock ist Özil

Düsseldorf · Oliver Bierhoff stellt Mesut Özil nach der WM an den Pranger. Damit will er von seiner eigenen Verantwortung ablenken. Ein Kommentar.

 DFB-Manager Oliver Bierhoff.

DFB-Manager Oliver Bierhoff.

Foto: dpa/Andreas Arnold

Oliver Bierhoff ist ein kluger Mann. Deshalb weiß der Manager der Nationalmannschaft, dass der bei der großen Aufräumarbeit nach dem blamablen Scheitern bei der WM schadlos davonkommt, der die ersten Schuldigen präsentiert.

Während die Kollegen aus der Leitung des einstweilen mal früheren Vorzeigeteams im deutschen Sport noch Wunden lecken und auf Tauchstation sind, handelt der Herr DFB-Direktor. Dass alles auf den Prüfstand müsse, hat er bereits vor der Abreise aus Russland verkündet - was ja immer heißt, dass zunächst auf den Prüfstand muss, was die anderen verbockt haben.

Und jetzt präsentiert er einen billigen Sündenbock. Weil Mesut Özil bei großen Teilen des Anhangs ohnehin unten durch ist - wegen seines beharrlichen Schweigens zur Erdogan-Affäre, wegen seiner mangelnden Körperspannung und unbefriedigender Leistungen im WM-Turnier -, ist der Mittelfeldspieler das passende Bauernopfer. Bierhoff findet neuerdings, dass es wohl besser gewesen wäre, auf Özil zu verzichten.

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Foto: dpa/Ina Fassbender

Das ist ein populistisches und durchschaubares Manöver. Und es ist erstaunlich, dass Bierhoff eine Woche nach dem Ausscheiden von der Erkenntnis ereilt wird, es sei besser gewesen, mehr Druck auf Özil auszuüben, damit der sich klar von seiner Foto-Aktion mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan distanziert. Sechs Wochen vergingen bis zu dieser Einsicht. Das glaubt kein Mensch.

Der Manager stellt den Spieler an den Pranger, damit er nicht selbst verantwortlich gemacht wird für die extreme Bauchlandung der Nationalmannschaft. Leise Eingeständnisse einer Mitschuld in Nebensätzen sind rein rhetorische Mittel.

Bierhoff will auch am Ende der Aufräumarbeiten im Verband als starker Mann dastehen. Den ersten Schritt hat er getan.

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