Fan-Rückkehr DFB-Präsident Keller spricht sich für Massentests aus

Frankfurt · Auch DFB-Präsident Fritz Keller sehnt die Rückkehr der Fans in die Stadien herbei. Mithilfe von Massen-Präventivtests soll dies möglich werden - dabei gibt es in der Wissenschaft genau bei solchen Überlegungen Sorge vor einem "Superspreader-Event".

 DFB-Präsident Fritz Keller sitzt  während eines Spiels auf einer Tribüne.

DFB-Präsident Fritz Keller sitzt während eines Spiels auf einer Tribüne.

Foto: dpa/Uli Deck

Fritz Keller hat genug. Genug von Geisterspielen, genug von gähnender Leere auf den Tribünen. "Es muss einen Weg geben, über Tests wieder eine gewisse Normalität zu erlangen", sagte der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) deshalb im Interview mit der „Badischen Zeitung“, dabei schwebt ihm eine riskante Idee vor: Mithilfe von Massen-Präventivtests soll schon beim Länderspiel gegen Spanien am 3. September in Stuttgart "eine bestimmte Anzahl an Zuschauern" im Stadion wieder möglich sein.

In Kellers Vision gestaltet sich dieser Plan hervorragend, ganz uneigennützig sieht der DFB-Boss den Fußball dabei sogar als Heilsbringer für die gesamte Gesellschaft in der Corona-Krise. "Die Präventivtests kommen nicht dem Fußball zugute, sondern allen", erklärte Keller. Ein "Höchstmaß an Sicherheit" wolle der 63-Jährige durch die Tests vor Spielen gewährleisten, dabei beruft er sich auf Wissenschaftler, die "davon ausgehen, dass man bis zu 48 Stunden nach einem Test mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit niemand anderen anstecken kann".

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Foto: dpa/Britta Pedersen

Mit welchen Wissenschaftlern er sich da beraten hat, verriet Keller nicht - der Pharmakologe Fritz Sörgel wird es mit ziemlicher Sicherheit nicht gewesen sein. Der 69-Jährige hatte erst am Samstag der „Badischen Zeitung“ gesagt, dass Tests im direkten Vorfeld einer Partie "keine absolute Sicherheit" gäben, vielmehr könnten sich Stadien zu Hotspots für Infektionen entwickeln.

Selbst bei einem negativen Test binnen 24 Stunden vor einer Partie könne es sein, dass die Zuschauer "bis zum Spiel positiv werden, also eine Menge an Virus im Körper haben, die den Test überhaupt erst positiv macht - und dann kann ich ansteckend sein", wie Sörgel erklärte: "Hinzu kommt die Fehlerquote bei der Gewinnung eines Abstrichs, gerade wenn alles ganz schnell gehen muss. Sie haben also immer das Risiko, dass Superspreader das Spiel besuchen."

Die Ansicht des Nürnberger Mediziners steht damit im kompletten Kontrast zu Kellers Überlegungen. Dessen Konzept sieht vor, dass die rund 25.000 Fußballvereine die Logistik für die Präventivtests übernehmen. Schließlich gebe es in jedem Verein "jemanden, der medizinische Erfahrung hat, und die Selbsttests leiten kann", meinte Keller. Die Proben würden abends weggeschickt, am nächsten Morgen erscheine das Ergebnis auf dem Handy - ganz einfach also.

Keller denkt dabei in großen Sphären. "Wenn von 7,1 Millionen Mitgliedern im Idealfall jedes fünf bis zehn Menschen aus seinem Verein zum Testen bewegt, kann man sich ausrechnen, wie viel wir erreichen könnten", sagte er.

Es gibt im deutschen Fußball derzeit kein heißer diskutiertes Thema als die Rückkehr der Fans in die Stadien. Dazu haben der DFB und die Deutsche Fußball Liga (DFL) einen Leitfaden ausgearbeitet, der bei der Erstellung von standort-individuellen Konzepten als Grundlage für eine mögliche Fan-Rückkehr in den Profiligen wie auch bei Länderspielen dienen soll. Größten Wert legt der Leitfaden dabei auf die Wahrung des Mindestabstands sowie die Nachvollziehbarkeit von Infektionsketten.

"Mit Abstand und Hygienekonzept können Sportveranstaltungen mit Zuschauern durchgeführt werden", sagte Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) der Bild am Sonntag. Ob Kellers riskantes Konzept dafür ausreicht, ist fraglich.

(sid/old)
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