Borussia Mönchengladbach Jos Luhukay: "Gladbach ist ein Vorbild"

Trainer Jos Luhukay kehrt am Samstag mit Hertha BSC zu seinem alten Klub Borussia Mönchengladbach zurück. 2007 stieg er mit dem VfL ab, 2008 schaffte er den Wiederaufstieg. "Ich habe Gladbach in einer schönen Erinnerung", sagt Luhukay im Interview mit unserer Redaktion.

Jos Luhukay – Zweitliga-Spezialist und dreimaliger Aufstiegstrainer
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Das ist Jos Luhukay

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Foto: dpa, Patrick Seeger

Herr Luhukay, in Borussia Mönchengladbach und Hertha BSC spielen Samstag zwei Europapokal-Aspiranten gegeneinander. Ist es ein Duell auf Augenhöhe?

Jos Luhukay Nein. Borussia hat sich seit zwei Jahren oben etabliert, hat den besseren Kader, mehr Qualität. Ich will uns nicht kleinreden, aber zwischen beiden Klubs liegen einfach ein paar Jahre, die Hertha durch die Abstiege verloren hat. Wir sind Aufsteiger, unser Ziel ist der Klassenerhalt. Welches Ziel hatte Borussia?

Einen einstelligen Tabellenplatz.

Luhukay Sehen Sie. Das ist ein großer Unterschied. Durch die starke Hinserie sind die Erwartungen bei uns hochgeschraubt worden. Man muss aufhören, über die Europa League zu sprechen. Das ist in dieser Saison nicht unser Ziel. Auch in den nächsten zwei, drei Jahren nicht.

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Ist das Tiefstapelei?

Luhukay Es ist nicht so, dass wir keine Ambitionen hätten. Wenn wir am 30. Spieltag noch in Reichweite sein sollten, kann man das Ziel natürlich anpassen. Aber man muss realistisch sein. Wir sind "nur" der Aufsteiger.

Trotzdem konnten Sie mit Ihrem Team bislang gut mitspielen.

Luhukay Wir haben durch das erfolgreiche Zweitliga-Jahr einiges an Euphorie mit in die Saison genommen. Wir haben eine gute Strategie und Philosophie, gleichen fehlende Qualität mit Mentalität aus. Aber natürlich haben wir Spieler wie Adrian Ramos, die den Unterschied machen können.

Wie kam es denn zum kleinen "Einbruch" in der Rückserie?

Luhukay Wir haben sehr häufig am Limit gespielt. Im Moment schaffen wir das nicht immer, was auch normal ist für einen Aufsteiger. Keiner darf vergessen: Wir sind erst zehn Monate dabei.

Ist es schwierig, dieses "kleinere" Denken in einer Stadt wie Berlin durchzukriegen?

Luhukay Natürlich möchte jeder in Berlin erfolgreich sein. Das ist die Hauptstadt Deutschlands. Während der Winterpause wurden wir ständig gefragt, ob wir unser Saisonziel nicht korrigieren wollen. Das haben wir nicht gemacht, weil wir unseren Kader am besten einschätzen können.

Aber Berlin ist die größte Stadt Deutschlands mit dem zweitgrößten Stadion. Das Potenzial ist doch riesengroß.

Luhukay Ja? Finden Sie? Wir haben im vergangenen Sommer sechs Leute geholt. Fünf davon waren ablösefrei, nur für Hosogai haben wir eine Million an Leverkusen bezahlt. Sie reden schon genauso wie die Leute in Berlin, die von "der großen Hertha" sprechen. Worin sind wir denn aktuell groß? In der Realität jedenfalls nicht. Wir werden auch im kommenden Sommer kaum Geld ausgeben können. Kennen Sie Ja-Cheol Koo?

Der wechselte im Winter aus Wolfsburg nach Mainz.

Luhukay Den wollten wir auch gerne haben. Aber Mainz hat fünf Millionen bezahlt, das ist für uns nicht möglich. Sie sagen, wir hätten so viel Potenzial. Richtig ist: Wir hatten keine Wahl. Wir mussten aufsteigen, um wirtschaftlich wieder auf die Beine zu kommen.

Es ist auffällig, dass Sie oft Ex-Spieler zu Ihren neuen Vereinen holen.

Luhukay Das ist nicht immer planbar, hängt natürlich auch vom Bedarf auf den jeweiligen Positionen ab. Die sechs Jungs zum Beispiel, die wir vor der Saison geholt haben, konnte ich alle sportlich und charakterlich perfekt beurteilen. Das ist ein Vorteil, vor allem, wenn man nur wenig Geld ausgeben kann.

Borussia, Ihr Ex-Verein, gibt seit Jahren nicht mehr Geld aus, als sie einnimmt. Ist das ein Vorbild für Berlin?

Luhukay Gladbach ist ein Vorbild für viele Vereine in Deutschland. Der Klub ist den Weg der kleinen Schritte gegangen, hat wirtschaftliche Vernunft walten lassen und die Mannschaft kontinuierlich verbessert. Gladbach steht jetzt auch mit Recht da oben drin. Ich bin mir sicher, dass Borussia bis zum Schluss um einen Europapokal-Platz kämpfen wird.

Mit welchen Gefühlen kehren Sie zurück?

Luhukay Mit einem sehr guten Gefühl. Ich habe Gladbach in einer schönen Erinnerung — auch wenn es in der Bundesliga nach nur sieben Spielen (ein Sieg, sechs Niederlagen, d.Red.) ein etwas zu schnelles Ende für mich gegeben hat. Ich freue mich, dass ich mit dem Aufstieg meinen Teil zur letztlich positiven Entwicklung beitragen konnte.

Hätten Sie Borussia damals gerettet?

Luhukay Das ist sechs Jahre her. Aber wenn ich mich recht erinnere, hat es zum Schluss unter Hans Meyer so gerade noch gereicht. Das hätte ich mir auch zugetraut.

Sie haben als Trainer noch nicht gegen Gladbach verloren.

Luhukay Und ich würde mir wünschen, dass das so bleibt.

(RP)
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