Satire-Magazin sorgt für weltweiten Wirbel Bestechungs-Versuche: Übler Scherz von "Titanic"

Zürich/Hamburg (dpa). Ein angeblicher Bestechungsversuch im Zusammenhang mit der Vergabe der Weltmeisterschaft 2006 an Deutschland, der weltweit für Irritationen und Turbulenzen gesorgt hatte, hat sich einen Tag nach der FIFA-Entscheidung als übler Scherz entpuppt. Die in Frankfurt erscheinende Satire-Zeitung "Titanic" gab am Freitagmittag zu, Urheber jener Schreiben zu sein, die Mitgliedern des Exekutiv-Komitees im Falle einer Wahl Deutschlands finanzielle Zuwendungen in Aussicht gestellt hatten. Dies bestätigte "Titanic"- Chefredakteur Martin Sonneborn der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Die angeblichen Bestechungsbriefe hatten bis dahin hohe Wellen geschlagen. Der Weltfußballverband (FIFA) und der Deutsche Fußball- Bund (DFB) kündigten am Freitag eine Untersuchung an, um die Herkunft der Schreiben zu klären. Die bei der Wahl knapp unterlegenen Südafrikaner erwogen einen Protest gegen das Votum von Zürich. "Nachdem die Medien das Thema weltweit aufgegriffen haben, ist es für uns eine logische Folge, abzuklären, ob diese Briefe ein Unfug, ein schlechter Scherz oder etwas anderes darstellen", hatte FIFA- Pressesprecher Andreas Herren betont. Die Ermittlungsbehörden waren von beiden Verbänden noch nicht zur Aufklärung eingeschaltet worden.

Die DFB-Delegation war am Donnerstagabend mit dem Schreiben des angeblichen Unterstützers konfrontiert worden, als ein englisches Fernseh-Team zur Feier in einem Züricher Restaurant erschien. "Das ist alles Nonsens", sagte DFB-Pressechef Wolfgang Niersbach, nachdem die für die Bewerbung Verantwortlichen den Brief studiert hatten. "Wir glauben, dass dieser Brief aus der gleichen Quelle stammt, aus der am Mittwoch die Nachricht kam, dass wir unsere Bewerbung zurückziehen würden", sagte Niersbach.

Auch ausländische Funktionäre sahen das ohne Briefkopf verfasste Schreiben, das am Ende mit einer Frankfurter Telefonnummer versehen war, als nicht authentisch an. In dem von einem Martin Hansen, Sekretär TDES (WM 2006 Initiative), unterzeichneten Brief, hieß es unter anderem: "Lassen Sie mich direkt auf den Punkt kommen. In Anerkennung Ihrer Unterstützung würden wir Ihnen gerne ein kleines Geschenk für Ihre Stimme für Deutschland zukommen lassen. Zögern Sie nicht, mit uns in Verbindung zu treten, sollten Sie irgendwelche speziellen Wünsche haben", hieß es unter anderem in dem Schreiben.

"Dieser Brief, den wir gesehen haben und der angeblich von den Deutschen kommen soll, sieht nicht sehr authentisch aus. Es tönt wie eine wilde Geschichte, ziemlich unwahrscheinlich", erklärte Alec McGivan, Direktor des englischen Bewerbungs-Komitees. FIFA-Pressechef Keith Cooper sagte zu den angeblichen Bestechungsversuchen: "Die Mitglieder des Exekutivkomitees, die diesen Brief von einem angeblichen Mitglied eines Bewerbungskomitees erhalten haben, sind der Ansicht, dass er nicht ernst zu nehmen sei."

Die Briefe waren bis zu zehn Exekutiv-Mitgliedern unter der Hoteltür durchgeschoben worden. FIFA-Vizepräsident Jack Warner und der Schotte David Will hatten von den Vorgängen erfahren und FIFA- Präsident Joseph Blatter gedrängt, die Polizei einzuschalten. Blatter habe dies aber abgelehnt, berichtete der englische Privatsender Channel 4 News. Warner selbst sprach später gegenüber der BBC von einem "schlechten Scherz" und meinte: "Die Briefe waren schlecht getippt und sahen ziemlich komisch aus. Sie sollten nicht ernst genommen werden."

(RPO Archiv)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort