Für die jungen ist die WM ein tolles Ziel Butt, Deisler - und was kommt dann?

Berlin (dpa). Schon sechs Jahre vor dem Start der Fußball-WM in Deutschland bekommen die Plätze in der Nationalmannschaft eine ganz besondere Funktion. "Es ist genau das richtige Zeichen zum richtigen Zeitpunkt. Gerade für die 15- und 16-Jährigen ist eine WM im eigenen Land ein tolles Ziel", betont Dieter Hoeneß.

Die Bundesliga müsse sich mit dem WM-Schwung die "neuen Deislers" selbst aufbauen, fordert der Manager von Hertha BSC, der in der neu gegründeten Task Force unter Teamdirektor Karl-Heinz Rummenigge nach neuen Wegen für den deutschen Fußball und die Nationalmannschaft fahndet. "Es ist sehr, sehr gut, dass sich die Bundesliga-Clubs zusammen gesetzt haben", weist auch Günter Netzer den Weg in eine neue Entwicklung. Nur mit "Knopfdruck" könne man nicht auf "Fußball der alten Zeiten" umschalten.

Neben neuen Wegen in den jüngen Jahrgängen bekommt aber im Hinblick auf die WM 2006 die Qualität der heute 18- bis 24-Jährigen höchste Bedeutung. Denn die sind dann beim Championat in der Heimat im besten Alter. Doch gerade in dem Bereich klemmt derzeit die Säge. Zwar verkündete der Berliner Sebastian Deisler (Foto unten) nach der WM-Vergabe selbstbewusst: "Wenn nichts Außergewöhnliches dazwischen kommt, kann ich dabei sein." Doch nicht nur der Blick auf den Kader der letzten EM zeigt sehr schnell, dass der 20-Jährige eine Ausnahme darstellt.

Bis auf Torhüter Hans-Jörg Butt (Foto oben), der 2006 im besten Torwartalter von 32 Jahren stehen wird, Michael Ballack (29) sowie Jens Nowotny, Jens Jeremies, Carsten Ramelow und Carsten Jancker, die dann mit 32 Jahren die Fraktion der Routiniers bilden könnten, ist für die letzten EM-Kicker die WM im eigenen Land wohl kein Thema mehr. Das große Problem: Auch die nachfolgenden Auswahl-Teams U 21 und U 18 bekamen von den Experten schon jetzt die Qualitätsnote "weitgehend ungenügend" bestätigt.

So kommt jenen Akteuren, die der neue Teamchef Rudi Völler in den nächsten Wochen für einen Neuaufbau heranziehen wird, auch schon für 2006 höchstes Interesse zu. Zwar sagt Völler selbst: "Wir haben genug Talente, sie müssen nur gefördert und gefordert werden." Doch die Namensliste ist eher kurz: Marcel Ketelaer (wäre 2006 dann 29), Bernd Korzynietz (25), Tobias Willi (25), Mustafa Dogan (30), Ingo Hertzsch (28), Fabian Ernst (27), Frank Baumann (30), Torsten Frings (29) oder Lars Ricken (29) müssten dann auf dem Höhepunkt ihrer Karriere sein. Dagegen kämen Alexander Zickler (32), Oliver Neuville (33) oder Stefan Beinlich (34) nahe ans Fußball-Rentenalter. Lothar Matthäus wäre übrigens 45.

Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte nach dem WM-Zuschlage für die deutschen Kicker, die 2006 in Frage kommen, bereits einen wichtigen Tipp parat: "Üben, üben, üben." Für DFB-Trainer Hannes Löhr steht fest: "Der Nachwuchs ist nicht so schlecht, wie er gemacht wird. Aber die Jungs müssen vor allem Spielpraxis bekommen, besonders wenn sie aus der U 21 heraus gehen." Die Probleme seinen in der Vergangenheit oft auf den DFB abgeschoben worden, "aber die Vereine sind gefordert, sie müssen die Probleme mit lösen", ergänzt Löhr.

Dann könnten auch Talente aus der jetzigen U 16 wie Moritz Volz, der schon für Arsenal London spielt, Sebastian Kneißl oder Emmanuel Krontiris, aus der U 18 wie Benjamin Auer, Christian Tiffert oder Michael Zepek, aus der U 21 wie Sebastian Schindzielorz, Christian Timm, Enrico Kern oder Stefan Blank den nötigen Qualitätssprung vollziehen. Wenigstens auf einer Position muss sich der deutsche Fußball keine Sorgen machen: Denn nach Butt lauern die Keeper Robert Enke, Stefan Wessels und Timo Hildebrand, die im Jahr 2006 alle 27 oder 28 Jahre sind. "Bis 2006 wird die Nationalmannschaft ein neues Gesicht haben, so dass Deutschland wieder berechtigterweise und nicht nur aus Tradition zu den Favoriten zählt", erklärt der künftige Bundestrainer Christoph Daum. Es ist ein langer Weg.

(RPO Archiv)
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