"Kaiserliche Führung" Beckenbauer soll WM-OK-Präsident werden

Zürich (sid). Die Organisation der WM 2006 wird voraussichtlich unter "kaiserlicher" Führung stehen: "Ich gehe davon aus, dass Franz Beckenbauer Präsident des Organisations-Komitees wird", erklärte DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt nach dem WM-Zuschlag für den Deutschen Fußball-Bund durch das Exekutiv-Komitee des Welt-Verbandes Fifa in Zürich. Der 54-jährige Beckenbauer war als schon Chef des WM-Bewerbungs-Komitees der "Matchwinner" und Garant für den deutschen Triumph im Kandidatenrennen.

Der DFB-"Vize" und Präsident von Bayern München hatte die zweite WM-Gastgeberrolle nach 1974 als seine größte Herausforderung bezeichnet: "Die Chance, eine WM ausrichten zu dürfen, hat man nur einmal im Leben. Als Spieler kann ich alle vier Jahre an einer Weltmeisterschaft teilnehmen." Deshalb ist davon auszugehen, dass Beckenbauer bei der Konstituierung des WM-OK's voraussichtlich im November diesen Jahres als Präsident gewählt wird.

Offener ist da die Frage, was aus seinem "Schattenmann" Fedor Radmann wird. Der wird eine führende Aufgabe im OK nicht um jeden Preis übernehmen, sondern nach den Erfahrungen bei der Bewerbung seine Bedingungen stellen - immerhin geht es nicht um anderthalb Jahre, sondern um sechs.

"Ich muss von dem Konzept, das dahintersteht, überzeugt sein. Sonst mache ich es nicht", sagte der 55-Jährige aus Berchtesgaden dem Sport-Informations-Dienst (sid). Wohl auch die finanziellen Rahmenbedingungen müssen stimmen. WM-Bewerbungs-Koordinator Radmann war mit Beckenbauer zwei Dutzend Mal um die Welt geflogen und hatte die Fifa-Exekutiv-Mitglieder erfolgreich "bearbeitet", die sich mit 12:11 im entscheidenden Wahlgang für Deutschland und gegen den großen Rivalen Südafrika entschieden.

Und auch einige DFB-Direktoren (Wilfried Straub, Generalsekretär Horst R. Schmidt, Mediendirektor Wolfgang Niersbach) müssen sich entscheiden, ob sie weiter beim Verband arbeiten wollen oder ins OK wechseln. Beide Jobs parallel dürften nicht perfekt erfüllbar sein. Und wenn Beckenbauer eins verlangt, dann ist es Perfektion.

Im WM-OK sollen zunächst "zehn bis 15 Festangestellten", wie Straub erläuterte. In der Endphase sollen dann 250 Leute für das OK arbeiten - als Teilzeit- oder Vollzeit-Kräfte. Dazu kommen natürlich noch Tausende von Ehrenamtlichen.

Die WM-Konzepte liegen allesamt schon in der Schublade und müssen "nur noch" umgesetzt werden. Das Budget (ohne die Investitionen für die Stadionbauten von drei Milliarden Mark) beträgt rund 600 Millionen Mark. In der Stadionfrage will der DFB sich so spät wie möglich festlegen, damit sich alle 16 Stadien, die sich um Spiele bewerben, weiter herausputzen. Der Weltfußballverband Fifa wird frühestens in zwei Jahren zehn bis zwölf Stadien als Austragungsort bestimmen.

In München, wo am 9. oder 10. Juni 2006 das Eröffnungsspiel stattfinden soll, tagt am 20. Juli wieder ein Stadiongipfel, um über den Aus- und Umbau des Olympiastadions zu entscheiden. Angesichts des Zeitdrucks, der jetzt entstanden ist, dürften Pläne für den Neubau eines Stadions vom Tisch sein. Die Stadt München erwartet einen Zuschuss vom Freistaat; der wiederum will den Bund zur Kasse bitten, weil der ja schon Berlin und Leipzig mit je 100 Millionen Mark bezuschusst habe.

In Berlin - das renovierte Olympiastadion wird am 9. Juli 2006 Austragungsstätte des Endspiels sein - ist der "Spatenstich" für den Umbau am letzten Montag durch Bundeskanzler Gerhard Schröder durchgeführt worden. In Leipzig hofft man jetzt, durch die definitive WM-Vergabe an Deutschland Privatinvestoren zur Finanzierung des Stadions zu finden. Und wenn Sachsen Leipzig (dritte Liga) oder der 1. FC Nürnberg (zweite Liga) bis dahin in der Bundesliga spielen würden, hätten die jeweiligen Stadtväter auch nichts dagegen. Man darf gespannt sein, ob der DFB beispielsweise die Leverkusener BayArena ebenfalls durchbringt, auch wenn die Kapazität von 22.500 Zuschauern gegen die Fifa-Auflagen verstößt, die ein Fassungsvermögen von 40.000 vorschreiben.

Eintrittskarten wird es erst ab 2005 geben. Details über die Verteilung müssen noch erarbeitet werden, doch die Eckdaten stehen fest: Es wird eine Fan-Kategorie geben, in der die Eintrittspreise 40 Mark pro Gruppenspiel nicht überschreiten sollen. Zum Vergleich: Japan und Südkorea verlangen in den Gruppenspielen 2002 über 120 Mark für das billigste Ticket (60 US-Dollar) und über 600 Mark für die billigste Endspielkarte.

Da das Gesamtbudget hauptsächlich über den Verkauf der Eintrittskarten gedeckt werden müssen. TV- und Sponsoren-Gelder gehören der Fifa, der DFB darf nur noch einige "Unterstützer" auswählen. Somit gehören voraussichtlich zehn Prozent der verfügbaren Eintrittskarten der Kategorie "Prestige" an, mit der die Preise in der Fan-Kategorie subventioniert werden.

Generalsekretär Horst R. Schmidt: "Weil Fußball ein Volkssport ist und bleiben soll, wollen wir jedem Fan im Land die Chance geben, WM-Spiele live im Stadion zu sehen." Dies ist umso wichtiger, als viele der Spiele ohne deutsche Beteiligung wohl nur im Bezahlfernsehen ausgestrahlt werden. Die TV-Rechte an der WM 2006 - wie auch jene an 2002 - hat sich der Münchner Medienhändler Leo Kirch gesichert, dem auch die Bundesliga-Rechte in den nächsten vier Jahren gehören.

(RPO Archiv)
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