"Sorge um Ägypten"

Unionsfraktionschef Kauder

Wieder brennen Kirchen in Ägypten. Machen Sie sich Sorgen?

Kauder Wir hoffen, dass der Umbruch in Ägypten zu mehr Demokratie und Religionsfreiheit führt. Ich bin grundsätzlich optimistisch. Aber ich mache mir aktuell Sorgen, dass radikale islamistische Kräfte mehr Einfluss gewinnen.

Was ist zu tun?

Kauder Wir müssen die ägyptische Übergangsregierung darin bestärken, die Religionsfreiheit im Land auch wirklich zu garantieren. Die Armee muss die christliche Minderheit und ihre Kirchen schützen. Die koptischen Christen berichten uns allerdings, dass nach ihrem Eindruck die Bereitschaft der Armee dafür nachlässt. Das darf nicht sein. In dem Dialog mit den Verantwortlichen in Ägypten sollten wir auch dafür werben, in dem Land ein bürgerliches Familienrecht einzuführen. Das religiös geprägte Familien- und Eherecht muss entschärft werden. Das würde viele Probleme beseitigen und Streit zwischen den Religionsgemeinschaften vermeiden. Wir haben in Deutschland mit einem weltlichen Scheidungsrecht gute Erfahrungen gemacht.

Kommen Sanktionen infrage?

Kauder Nach meinen Erfahrungen in Ägypten glaube ich, dass Druck nicht der richtige Weg ist. Wir müssen die Überzeugungsarbeit verstärken. Ich bin Außenminister Guido Westerwelle außerordentlich dankbar, dass er sich hier immer wieder einschaltet und einzuwirken versucht. Wir müssen unsere Präsenz noch weiter verstärken, deshalb werde ich auch in Kürze erneut nach Ägypten reisen. Die Menschen, die für Freiheit und Demokratie gekämpft haben, sollen spüren, dass wir sehr aufmerksam verfolgen, was dort geschieht – auch natürlich im Sinne der Christen.

Kann die Revolution in einen islamischen Gottesstaat abrutschen?

Kauder Wir haben uns von Anfang an gefragt, ob die Islamisten nicht letztlich die Oberhand gewinnen. Zum Glück will das ägyptische Volk in seiner Mehrheit ihren Weg aber nicht mitgehen. Mich haben die Bilder sehr beeindruckt, wie Muslime die koptischen Christen geschützt haben, damit sie ihren Gottesdienst abhalten können. Aber die Salafisten – also die radikalen Muslime – wollen anscheinend mit Gewalt die friedliche Entwicklung in Ägypten zerstören.

Experten schlagen vor, Hochschulabsolventen aus Nordafrika mit Visa zu versorgen und ihnen hier eine Ausbildung zu geben, bevor sie zurückgehen.

Kauder Das kann ich mir gut vorstellen. Aus meiner Sicht sollte über befristete Ausbildungsmöglichkeiten nachgedacht werden, allerdings mit einer Rückkehrverpflichtung, die auch leicht im Zweifelsfall umgesetzt werden könnte. Wir wollen den Ländern helfen. Deshalb müssen die guten Leute nach einer Ausbildung auch nach Nordafrika zurückgehen.

Gregor Mayntz stellte die Fragen.

(RP)
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