Metin Kaplan wird ausgewiesen Schily verbietet "Kalifatsstaat"

Berlin (rpo). Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hat am Mittwoch die islamistische extremistische Vereinigung "Kalifatsstaat" verboten. Am Morgen liefen in sieben Bundesländern Durchsuchungen.

Der als "Kalif von Köln" bekannt gewordenen Moslemführer Metin Kaplan soll ausgewiesen werden. Weitere Ausweisungen dürften folgen, wie Schily am Mittwoch in Berlin andeutete. Der Minister begründete das Verbot des "Kalifatsstaats" mit Verstößen der Vereinigung gegen die verfassungsmäßige Ordnung und einer Gefährdung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik.

Die Kölner Ausländerbehörde hat laut Schily die angeordnete Ausweisung Kaplans, der in Düsseldorf eine Haftstrafe wegen eines Mordaufrufs absitzt, für sofort vollziehbar erklärt. Inzwischen hat auch das Nürnberger Bundesamt gegen den Kaplan zuerkannten Asylstatus ein Widerspruchsverfahren eingeleitet. Eine Abschiebung Kaplans kann aber nur erfolgen, wenn die Türkei zusichert, die Todesstrafe nicht zu vollstrecken und ihm auch keine Folter droht. Schily sagte, darüber werde es mit der Regierung in Ankara Gespräch geben.

Ausdrücklich betonte Schily, das Verbot richte sich nicht gegen den Islam und gegen seine in Deutschland lebenden Anhänger. Unter den 3,2 Millionen Moslems seien die 31 000 Anhänger islamistischer Organisationen nur eine Minderheit. Die Moslems haben aber nach Worten Schilys "die Verpflichtung, sich besonders intensiv mit dieser Frage auseinander zusetzen und aktiv daran mitzuwirken, dass diese islamistischen Gruppen zurückgedrängt werden". Extremismus und Terrorismus hätten nichts mit Religionsausübung zu tun.

Von dem Verbot sind neben dem "Kalifatsstaat" noch die dazugehörende Stiftung "Diener des Islam" und 19 Teilorganisationen betroffen; insgesamt handelt es sich um 1100 Mitglieder. Das Vermögen der Organisationen wird laut Schily eingezogen. In Nordrhein- Westfalen, Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz, Hessen, Berlin und Niedersachsen sei es zu 212 Durchsuchungen gekommen. Darunter hätten sich 64 Wohnungen von Führungsmitgliedern befunden. In Köln waren Hundertschaften der Polizei mit der Räumung der Büros und der Moschee beschäftigt. Allein in Bayern waren vier Moscheen sowie Privat- und Geschäftsräume von Funktionären betroffen.

Mit dem Verbot zieht die Bundesregierung die erste Konsequenz aus dem geänderten Vereinsgesetz, das am Samstag in Kraft getreten war. Bislang waren derartige Vereinigung von dem jetzt gestrichenen Religionsprivileg geschützt. Diese bereits vor den Terroranschlägen in den USA eingeleitete Gesetzesänderung war Teil des ersten Sicherheitspakets Schilys.

Das verhängte Verbot will Schily auch als Warnung an andere extremistische Gruppen verstanden wissen. Ob weitere Verbote folgen könnten, könne er nicht öffentlich ankündigen. Der "Kalifatsstaat" richte sich in aggressiv-kämpferischer Weise gegen das Demokratie- und Rechtsprinzip, sagte Schily. Ferner verstoße die Vereinigung gegen den Gedanken der Völkerverständigung und richte sich gegen die außenpolitischen Belange Deutschlands. Der "Kalifatsstaats" hetze seine Anhänger gegen die Demokratie, gegen Andersgläubige und gegen die Republik Türkei auf. Besonders widerwärtig seien seine antisemitischen und antiisraelischen Tiraden.

Die gesellschaftlichen Vorstellungen des "Kalifatsstaates" sind nach Feststellungen Schilys mit den Grundprinzipien der parlamentarischen Demokratie nicht vereinbar. Das Innenministerium zitiert aus der Verbandszeitschrift folgende Äußerung: "Die schlimmste Krankheit ist unsere Demokratie. Sie ist gefährlicher und tückischer als Krebs, Aids, als die Pest und vergleichbare Krankheiten. (...) Nieder mit allen Demokratien und allen Demokraten."

In seiner Organisationsstruktur imitiert der "Kalifatsstaat" nach Feststellung des Ministeriums staatliche Verhältnisse. Die "Gebietsemire" müssten "Steuern" abführen. Der "Kalifatsstaat" verfüge außerdem über eine "Fetwa-Instanz", die religiöse Rechtsgutachten erstelle, und eine eigene "Gerichtsbarkeit". Abweichler würden mit der "Todesstrafe" bedroht. Die Innenminister von Bayern, Hessen und Baden-Württemberg, Günther Beckstein (CSU), Volker Bouffier (CDU) und Thomas Schäuble (CDU) sowie die Türkische Gemeinde in Deutschland begrüßten das Verbot. Der "Kalifatsstaat" sei eine hochgefährliche Organisation.

(RPO Archiv)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort